Auf Studienreise in Tschechien: Im deutschen Gesundheitswesen gibt es ähnliche Probleme
Besuche in Einrichtungen des öffentlichen Gesundheits- und Sozialwesens sowie Diskussionen mit Fachleuten standen auf dem Programm der Studienreise, die eine Gruppe von deutschen Ärzten, Psychologen und Sozialarbeitern nach Tschechien unternahm. In einer Prager Psychiatrischen Klinik konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beispielsweise mit den dort angebotenen sozialpsychiatrischen Diensten vertraut machen. Auf dem Programm standen des Weiteren u. a. Besuche in Einrichtungen für behinderte Kinder, einem Gerontologischen Zentrum sowie bei der Bürgervereinigung "Rozkos bez rizika" (Lust ohne Risiko), die sich auf die medizinische Hilfe für Prostituierte konzentriert. Zum Thema der Gesundheitspolitik fanden Diskussionen im Prager Gesundheitsministerium sowie auf regionaler Ebene im Landkreisamt von Brno/Brünn statt. Die deutschen Gäste würdigten dabei häufig die Offenheit, mit der über Probleme gesprochen wurde. Zum Abschluss der Studienreise, die von der Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf organisiert wurde, fragte ich einen der dortigen Mitarbeiter und Leiter der Studienreise, Dr. Peter-Michael Hoffmann, nach seinen Eindrücken:
"Für uns war die Reise sehr profitabel, weil wir Gelegenheit hatten, direkt mit Leuten vor Ort, die die Szene genauer kennen, die Reise vorzubereiten und die Reiseziele vorzuplanen. Für uns Europäer kommt es ja immer mehr darauf an, sich enger auszutauschen, sich zusammenzusetzen, um die Probleme zu diskutieren, die wir alle gemeinsam haben. Eines der wichtigen Themen des Gesundheitswesens ist die Kooperation, die Vernetzung und das Management. Wir haben festgestellt, dass alle diese Bereiche in Tschechien zwar noch nicht in Perfektion funktionieren, aber schon soweit entwickelt sind, dass sie aus den Kinderschuhen längst heraus sind.
Wir haben entdeckt, dass die Probleme, die es gibt, sehr vergleichbar sind mit den unsrigen. Aus diesem Problemkatalog will ich nur ein Problem besonders herausstellen, nämlich die demographische Entwicklung, die haben wir in gleicher Weise in Deutschland wie in Tschechien, sodass wir für die Versorgung und die Struktur der Sozialsysteme in gleicher Perspektive, in gleicher Weise vorplanen müssen.
Ein weiteres zentrales Problem ist die Versorgung von Behinderten, von Menschen, die im Sozialbereich marginalisiert sind. Hier haben wir die große Sorge, dass immer knapper werdende finanzielle Ressourcen in Deutschland dazu führen, dass wir immer mehr Dienste einstellen müssen bzw. die Versorgungssysteme kleiner werden und weniger Dienstleistungen angeboten werden können. Diese Probleme hat Tschechien ähnlich, allerdings in der Weise, dass viele Dienstleistungen erst in der Entwicklung begriffen sind und vorzeitig daran gehindert werden, sich richtig zu entfalten, weil die finanziellen Mittel fehlen.
Eine kritische Anmerkung, soweit es einem Besucher erlaubt ist, das zu sagen, wäre vielleicht, dass gerade in dieser sehr schwierigen Situation es aus unserer Sicht ein Luxus darstellt, innerhalb von wenigen Jahren zwölf verschiedenen Gesundheitsministern die Verantwortung zu übertragen für das Gesundheitswesen. Es leuchtet ein, dass bei einem so häufigen Wechsel eine systematische Planung sehr schwer fällt."