Theaterstücke auf einen Klick
In Tschechien sind seit dem 12. Oktober neben Restaurants und Bars auch alle kulturellen Einrichtungen geschlossen. Wie schon während des Lockdowns im Frühjahr bieten sie ihr Programm nun zumindest in Teilen im Internet an. Am Dienstag ist die neue Streaming-Plattform Dramox online gegangen, die Theateraufführungen direkt ins Wohnzimmer liefert.
Die Navigation ist einfach. Schon auf der Startseite wird das Angebot von Dramox übersichtlich präsentiert. Mit nur einem Klick ist man beim jeweiligen Theaterstück und kann es sich vor dem Computer bequem machen.
Die neue Streamingplattform bietet bisher 40 Inszenierungen von großen und kleinen Bühnen in ganz Tschechien. So kommt der Theaterfan auch in den Genuss von schwer zugänglichen Aufführungen, zum Beispiel aus dem permanent ausverkauften Theater im Prager Stadtteil Dejvice. Neben klassischen Schauspielstücken gibt es in dem Videoportal auch Puppentheater zu sehen.
Dramox funktioniert ähnlich wie die bekannten Streamingdienste für Filme. Der Nutzer muss sich persönlich registrieren und zahlt einen festen Monats- oder Jahresbeitrag. Mitbegründer Martin Zavadil:
„50 Prozent der Nutzerbeiträge geben wir an die Theater, Autoren und Schauspieler weiter. Damit wollen wir ihre Arbeit an neuen, tollen Vorstellungen unterstützen. Gleichzeitig haben die Zuschauer die Möglichkeit, dem Theater direkt eine symbolische Summe zukommen zu lassen, nachdem sie seine Aufführung bei uns gesehen haben.“
Eine Spende ersetzt also den Applaus. Die feste Nutzungsgebühr beträgt 299 Kronen (11 Euro) monatlich oder 2990 Kronen (110 Euro) für ein ganzes Jahr. Zur Auswahl stehen bisher Mitschnitte, die die Theater selbst zur Verfügung stellen oder die aus dem Archiv des Tschechischen Fernsehens stammen. Die Betreiber von Dramox wollen das Angebot aber andauernd erweitern. Auch neue Aufführungen sollen hinzukommen, sobald die Bühnen wieder bespielt werden können. Petr Michálek gefällt diese Idee. Der Direktor des Stadttheaters in Zlín äußerte im Tschechischen Fernsehen:
„Das ist ein Projekt, das auch in Zukunft Bestand haben könnte. Das Angebot kann erweitert werden. Aber nach wie vor gilt natürlich, dass die Grundlage für das Theater die Live-Vorstellungen sind, auf die wir uns alle schon wieder freuen.“
Darauf konzentriert sich auch das Ensemble des Theaters Tramtarie in Olomouc / Olmütz. Die erzwungene Auszeit in der Corona-Krise nutzt man hier vor allem zur Vorbereitung neuer Stücke, die dem Publikum nach der Wiedereröffnung präsentiert werden sollen. Online-Vorstellungen sind für die Direktorin Petra Němečková eher eine Übergangslösung:
„Wir gehen in beide Richtungen. Auf jeden Fall wollen wir auf den Neustart unseres Theaters vorbereitet sein. Das ist es ja, was wir können und was von uns erwartet wird. Gleichzeitig bedienen wir den Onlinebereich. Allerdings nicht mehr in dem Maße wie noch im Frühjahr, denn das war doch sehr anstrengend.“
Němečková will bei zukünftigen Mitschnitten von Vorstellungen vor allem auf eine gute Filmqualität achten, damit sie den oft noch provisorischen Charakter verlieren. Nicht alle Häuser werden aber Stücke aus dem aktuellen Programm auf Dramox streamen lassen. Der Direktor des Prager Theaters Bez zábradlí, Karel Heřmánek, hat seine Unterstützung der Plattform bereits auf Inszenierungen beschränkt, die nicht mehr live gespielt werden.
Das Publikumsinteresse an der neuen Plattform Dramox ist offenbar groß. Nach der Freigabe am Dienstag gab es so viele Aufrufe, dass der Server überlastet war. Er funktionierte erst am Mittwochmorgen wieder.