Kinderbuch lüftet die Geheimnisse des „Blumengartens“ in Kroměříž

Blumengarten in Kroměříž (Foto: Jitka Erbenová, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)

„Tajemství Libosadu“, auf Deutsch „Das Geheimnis des Lustgartens“. So heißt ein tschechisches Kinderbuch, das im vergangenen Jahr vom Nationalen Denkmalschutzamt auch in deutscher und englischer Übersetzung herausgegeben wurde. Der Name bezieht sich auf den Barockgarten im mährischen Kroměříž / Kremsier, heute unter dem neueren Namen „Květná zahrada“ / „Blumengarten“ bekannt, der 1998 von der Unseco zum Weltkulturerbe erklärt wurde.

Petr Hudec  (Foto: Archiv der Palacký-Universität in Olomouc)

Petr Hudec hat das Kinderbuch verfasst. Der Autor lebt in Kroměříž und arbeitet seit 2012 im „Blumengarten“ als Lektor für Bildungsprogramme des Nationalen Denkmalschutzamtes (NPÚ). In dieser Position beteiligte er sich ab 2015 auch an der Umsetzung des in Kroměříž entworfenen Projektes „Denkmäler machen Spaß“, das von der Europäischen Kommission mit dem prestigeträchtigen Preis „Europa Nostra“ ausgezeichnet wurde. In der Folge nahm Hudec den „Blumengarten“ in den Fokus, um mittels eines Buchs die Kinder für das Unesco-Kulturgut an seinem Wohnort zu sensibilisieren. Dafür habe es mehrere Gründe gegeben, so der studierte Historiker und Vater von drei Kindern:

„Für mich war es vor allem eine persönliche und zugleich auch professionelle Herausforderung, einen Text zu verfassen, der sich der Belletristik zuordnen lässt und nicht dem Stil eines literarischen Reiseführers im klassischen Sinne. Dabei habe ich auch an meine eigenen Kinder gedacht, denen ich gerne Märchen vorlese. In Buchhandlungen oder Bibliotheken gehe ich vorzugsweise in die Abteilung für Kinder- und Jugendliteratur. Denn was ist schöner, als Mythen und Märchen zu lesen? Nicht selten steckt in den Kinderbüchern mehr Weisheit als in manchem Buch für Erwachsene.“

Robert aus München zu Besuch in Mähren

Quelle: Archiv des Nationalen Denkmalschutzamtes

Ein Rezensent hat sein Buch unter anderem als „Märchen und Nichtmärchen“ bezeichnet. Wie denkt der Autor selbst darüber?

„Seit ich Führungen durch den ‚Blumengarten‘ mache, gehören auch viele Kinder zu den Teilnehmern. Meine Aufgabe ist es dann, ihnen den Garten auf verständliche Weise zu erklären. Dabei sind mir viele Gedanken gekommen, wie sich das eine oder andere Thema erzieherisch darlegen lässt. Und das habe ich auch in die Erzählung vom Helden meines Buches, einem Jungen namens Robert integriert.“, so Hudec.

In dem Buch sagen die Bäume des Gartens zu Robert, dass sie alles im Gedächtnis behalten würden. Und weiter heißt es im Text:

„Wer behält hier was im Gedächtnis? Wer spricht da eigentlich?“, fragte Robert mit gedämpfter Stimme. „Das sind wir, die narbenbedeckten Bäume. Wir wurden bei der Gründung des Gartens hier eingepflanzt. Wir erinnern uns an die Zeiten des Anfangs, des Heranwachsens und des Fortdauerns des Blütengartens.“

Quelle: Archiv des Nationalen Denkmalschutzamtes

Robert ist ein kleiner Junge und lebt mit seinen tschechischen Eltern in München, wo er geboren wurde. Er soll die Ferien bei seinen Großeltern in Kroměříž verbringen. Statt der befürchteten Langeweile warten dort auf ihn abenteuerliche Erlebnisse. Petr Hudec:

„Es geschieht ein Wunder. Ich habe mich von dem Gedanken inspirieren lassen, dass sich das Gedächtnis des Blumengartens nicht nur in den Jahrhunderte alten Gebäuden, sondern vor allem in den alten Bäumen als lebendigen Organismen finden lässt. Es gibt historische Gartenanlagen, in denen alte Bäume gefällt und an ihrer Stelle neue gepflanzt werden. Dadurch sollen einheitliche Baumformationen entstehen. Im Blumengarten von Kroměříž hingegen haben wir Bäume verschiedener Generationen. Einige von ihnen dürften sich daher an die Gründungszeit ‚erinnern‘.“

Karl II. von Liechtenstein-Castelkorn  (Quelle: Wikimedia Commons,  CC0)

Und ihre magische Kraft versetzt Robert weit zurück in die Vergangenheit – in die Zeit des Barock. Für den Jungen ist es der erste Aufenthalt in Kroměříž. Dabei erhält er sowohl von tschechischen Freunden, die ihn begleiten, interessante Informationen, als auch von einer Reihe früherer Persönlichkeiten, die zur Entstehung des Gartens beigetragen haben. Allen voran ist dies Bischof Karl II. von Liechtenstein-Castelkorn, der 1664 nach Kroměříž beziehungsweise das damalige Kremsier kam. Auf seine Initiative hin wurde dort in den Jahren 1665 bis 1675 der „Blumengarten“ angelegt. Als Vorbild dienten der Hofgarten in München und der Schlosspark Hellbrunn in Salzburg. Das fiktive Treffen von Robert mit dem Bischof sei der Höhepunkt seiner Geschichte, so der Autor:

„Bischof Karl macht ihn mit den Leitideen vertraut, auf denen der Gartenbau beruht. Demnach kommt es im Garten zuständigen Verwandlungen, wie sie der römische Dichter Ovid in seinem Gedicht ‚Metamorphosen‘ beschrieben hat. Dem Bischof zufolge spiegelt der Garten das menschliche Leben und die Vergänglichkeit der Zeit, so zum Beispiel symbolisiert in den dortigen Springbrunnen.“

Ein bisschen wie bei Saint-Exupéry

Quelle: Archiv des Nationalen Denkmalschutzamtes

Petr Hudec hat für sein Buch in der Geschichte recherchiert. Doch er nennt auch einen weltberühmten französischen Autor als Inspirationsquelle:

„Hoffentlich klingt es nicht frech, wenn ich mir einen Vergleich mit Antoine de Saint-Exupérys ‚Kleinem Prinzen‘ erlaube. Auch sein Buch enthält variierende Schwerpunkte und Bedeutungslinien, die auf Kinder wirken. Gleichzeitig aber spricht es auch erwachsene Leser an. Eltern, die mein Buch über den ‚Blumengarten‘ von Kroměříž ihren Kindern vorlesen, werden wohl eher die Anspielungen auf die antike Mythologie entdecken. Wenn zum Beispiel Orpheus den kleinen Robert ermuntert, etwas Abenteuerliches zu erleben, sagt er: ‚Geh und dreh dich nicht um!‘ Die jüngeren Leser müssen darin nichts anderes als die eigentliche Aufforderung ohne den Zusammenhang verstehen. Die Erwachsenen, die die Sage von Orpheus und Eurydike kennen, wissen, mit welchem Schmerz Orpheus den Jungen auf den Weg schickt.“

Blumengarten in Kroměříž  (Foto: Vítězslav Šarina,  Panoramio,  CC BY 3.0)

So hat der Buchautor seine Geschichte auch auf den vermeintlichen Kenntnisstand der Eltern gehievt. Aber auch Kinder, die das Buch allein lese und manche Hintergründe nicht verstehe, werden an der Erzählung über den Blumengarten ihren Spaß haben. Es habe ihm allerdings sehr daran gelegen, so Hudec, auch den Kindern zum Beispiel die Symbolik verschiedener Plastiken und Statuen, der geometrisch gestalteten und synchronisch gegliederten Blumenbeete, kurzum die „Geheimnisse des Gartens“ näher zu bringen.

Als das oberste Ziel seiner beruflichen Betätigung bezeichnet Petr Hudec die Sensibilisierung für den Denkmalschutz und die Erhaltung des Kulturerbes. Seiner Erfahrung nach, lässt sich damit schon bei kleinen Kindern beginnen. für Und für den Umgang mit Teenies, die sich gerade in einer Trotzphase befinden, empfiehlt der Profilektor Verständnis und Gelassenheit (schmunzelnd).

„Steht man vor einer Gruppe gelangweilter Teenager, kann man nie wissen, ob sich unter ihnen nicht wenigstes einer befindet, bei dem es Sinn hat, das alles zu erzählen.“

Das Buch „Das Geheimnis des Lustgartens“ kann man im Online-Shop des Nationalen Denkmalschutzamtes erstehen.

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