Mit Horror und Humor gegen Angst: Dora Kaprálovás „Herr Niemand“
„Herr Niemand und die weiße Finsternis“ ist das erste Kinderbuch der in Berlin lebenden tschechischen Schriftstellerin und Publizistin Dora Kaprálová. Nach der Originalausgabe auf Tschechisch liegt die Geschichte über Lügen und Zweifel, Angst und Courage auch in deutscher Übersetzung vor.
Die Autorin Dora Kaprálová nennt ihren Text eine Gruselgeschichte für Kinder ab acht Jahre:
„Es ist ein Buch gegen Angst, es enthält aber auch eine humorvolle Ebene. Ich habe es geschrieben, weil meine ältere Tochter damals Angst vor dem Tod hatte. Deshalb habe ich diese Geschichte entwickelt. Das Original ist auf Tschechisch. Der österreichische Schriftsteller Radek Knapp hat gesagt, es sei ‚Kafka für Kinder‘. Das hat mich sehr gefreut.“
Dora Kaprálová ist Mutter von zwei Töchtern. Sie habe sich die Geschichte ausgedacht, als die ältere von ihnen neun Jahre alt war. Das war mitten in der Corona-Zeit, im Herbst 2020:
„Es geht um eine kleine Horror-Situation. Es ist ein wunderschöner Sonntagabend im Oktober in der unendlichen Stadt B. Die Mama und ihre zwei Töchter sind nach Hause gekommen und warten auf den Papa. Der Papa kommt aber nicht. Statt ihm erscheint plötzlich Herr Niemand. Herr Niemand ist grenzenlos. Je größer die Angst der drei ist, desto größer wird Herr Niemand. Was hilft, ist Humor und Courage. Ich liebe dieses Wort, Courage, egal ob auf Tschechisch oder auf Deutsch. Ich wollte damit zeigen, dass man mit Humor die Angst überleben kann.“
Das Buch wurde von Nataša von Kopp ins Deutsche übersetzt. Die Animationen dieser Künstlerin begleiten zudem die Leseveranstaltungen für die Öffentlichkeit:
„Dora hatte irgendwann die Idee, eine szenische Lesung zu machen. Wir haben das Konzept dann gemeinsam mit einem Freund entwickelt, der Musik und Tontechnik betreibt. Ich habe Animationen und Filme kombiniert“, so von Kopp.
Die beweglichen Bilder sind durchweg schwarz-weiß. Es sei eine ganz andere Animationstechnik, als man vom Computer gewöhnt sei, so die Künstlerin:
„Das Verfahren ist eher daran angelehnt, dass man einen Filmstreifen zerkratzen würde. Es ist total reduziert. Das Konzept kommt bei den Kindern gut an. Wir haben die Veranstaltung vor einer sechsten Klasse durchgeführt. Ich habe die Kinder gefragt, wie sie die Filme fanden, und sie fanden sie super.“
Die beiden Künstlerinnen präsentierten das Buch über Herrn Niemand jüngst auf der Buchmesse in Leipzig, gleichzeitig stellten sie es in einer Schule in Leipzig vor. Mit der Originalversion sei sie häufig auch an Schulen in Tschechien unterwegs, sagt Kaprálová.
„Das funktioniert dort ganz toll. Aber wie man in eine deutsche Schule reinkommen soll, bleibt für mich ein Geheimnis. In Berlin geht das schon, aber es ist alles sehr kompliziert. Ich wäre sehr dankbar, wenn wir mit dieser inszenierten Lesung nun auch in mehrere Schulen in Deutschland gehen könnten.“