Tschechen verlieren Kontakt zur Weltelite im Eishockey und Skispringen

Foto: ČTK / AP Photo / Jason Franson

Zu Beginn eines neuen Sportjahres stehen aus tschechischer Sicht immer zwei Events im Rampenlicht: Die U20-WM im Eishockey und die Vierschanzentournee im Skispringen. Es sind Wettbewerbe in zwei Sportarten, in denen die Tschechen noch vor 15 oder 20 Jahren zur Weltspitze gehörten. Mittlerweile aber haben sie den Anschluss verloren.

Tschechiens Eishockey-Junioren seit 16 Jahren ohne WM-Medaille

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Die Eishockey-Weltmeisterschaft der Junioren ist in jedem Jahr ein Gradmesser dafür, wie stark der Nachwuchs in den jeweiligen Ländern ist. Tschechien hat das Championat bisher zweimal gewonnen. Das war 2000 und 2001 – damals holten auch die Senioren des Landes den WM-Titel. Und 2005 erkämpften die Junioren mit WM-Bronze ihre bisher letzte Medaille. Die Männer siegten im selben Jahr bei der WM in Wien und holten den vorerst letzten Titel fünf Jahre später bei den Titelkämpfen in Deutschland. Danach folgten noch zwei Bronzemedaillen bei den Weltmeisterschaften 2011 und 2012. Seitdem aber stand keine tschechische Nationalmannschaft mehr auf dem Siegerpodest, weder bei den Senioren noch bei den Junioren. Im Nachwuchsbereich hat ein tschechisches Team seit 2006 lediglich einmal das Halbfinale erreicht, das war bei der WM vor drei Jahren in Buffalo.

Vor der diesjährigen Weltmeisterschaft, die im kanadischen Edmonton ausgetragen wird, waren die Erwartungen auch nicht viel größer. Dennoch glaubte U20-Nationaltrainer Karel Mlejnek zumindest eine Erfolgsformel gefunden zu haben:

Karel Mlejnek  (Foto: YouTube)

„Allgemein lässt sich sagen, dass die erfolgreichsten tschechischen Teams in der  Geschichte des Eishockeys immer die waren, die sich als ein verschworener Haufen präsentiert haben. Es waren Mannschaften, die nicht nur auf die individuelle Klasse Einzelner gesetzt haben.“

In der ersten Begegnung traf die tschechische Auswahl jedoch auf Schweden – eine Nachwuchsmannschaft, die seit Dezember 2006 nicht weniger als 53 Spiele in Folge in der WM-Gruppenphase gewonnen hatte. Allerdings stehen die aktuellen Titelkämpfe unter den besonderen Vorzeichen der Corona-Pandemie. Und die beeinträchtigte die Vorbereitung vieler Teilnehmer erheblich. Mehrere Teams mussten wegen positiver Corona-Befunde einzelner Spieler in Quarantäne, so dass sie ihr Testprogramm nicht wie geplant umsetzen konnten. Davon betroffen waren auch die Mannschaften aus Tschechien und Schweden, wenn auch in unterschiedlicher Weise. Trainer Mlejnek stellte jedoch klar:

Tschechien - Schweden  (Foto: YouTube)

„Für uns ist es absolut bedeutungslos, dass die Schweden erst am 21. Dezember aus der Quarantäne entlassen wurden. Wir waren bis zum 18. Dezember isoliert, von daher sehe ich da keinen besonderen Unterschied.“

Im Duell der beiden Juniorenteams aber wurde dann ein Unterschied in der Qualität deutlich. Die Tschechen konnten bis zur Hälfte der Partie zwar kämpferisch sehr gut gegenhalten, doch dann setzte sich die individuelle Klasse der „Tre Kronors“ durch – sie gewannen das Auftaktspiel mit 7:1. Der Kapitän der Tschechen, Jan Myšák, beschönigte nichts. Für ihn hatte die Pleite insbesondere einen Grund:

Martin Lang und Jan Myšák  (Foto: ČTK / AP Photo / Jason Franson)

„Wir haben viele unnötige Fouls gemacht. Die Schweden haben sehr gut in Überzahl gespielt, da war vieles einstudiert. Drei Überzahlspiele nutzten sie zu Toren, das war leider schlecht für uns.“

In ihrer zweiten Begegnung aber präsentierten sich Myšák und seine Mitspieler in einem besseren Licht. Sie hielten die Taktik ihres Trainers von der ersten bis zur letzten Minute konsequent durch und wurden dafür auch belohnt. Die Tschechen schlugen den WM-Mitfavoriten Russland mit 2:0. Großen Anteil daran hatte Torhüter Lukáš Pařík, der alle 30 Schüsse des Gegners parierte. Er war der Turm in der Abwehrschlacht, die durch zwei Konter-Tore von Filip Koffer und Martin Lang mit dem Sieg gekrönt wurde. Goalie Pařík wusste indes auch, warum die Tschechen wie schon im Vorjahr gegen denselben Gegner die Oberhand behielten:

„Die Spiele gegen die Russen sind für uns immer sehr speziell. Das beginnt schon mit den Duellen der Jugendmannschaften in der Altersstufe der 16-Jährigen und setzt sich dann weiter fort. Wir sind auf diese Partien stets gut vorbereitet, auch weil uns die Spielweise der Russen mehr liegt als die anderer Gegner.“

Tschechien - Russland  (Foto: ČTK / AP Photo / Jason Franson)

Für Torschütze Martin Lang wiederum war es wichtig, dass man aus der Niederlage zum Turnierbeginn die richtigen Lehren gezogen hatte:

„Die Begegnung hat uns vor allem mental geholfen. Gegen die Schweden hatten wir ein gutes erstes Drittel und eine ebenso gute erste Hälfte im zweiten Drittel. Danach aber haben wir abgeschaltet. Ich bin jedoch froh darüber, dass wir danach in unseren Köpfen einiges geradegerückt haben. Und heute haben wir gezeigt, dass wir auch gegen starke Teams wie Russland bestehen können. Daher sehe ich kein Hindernis dafür, in dieser Weise fortzufahren.“

Tschechien - Kanada  (Foto: ČTK / AP Photo / Jason Franson)

Das gelang den Tschechen aber nur zum Teil. Gegen die starken US-Amerikaner, die ebenfalls zu den Titelkandidaten zählen, waren sie chancenlos. Sie verloren das Match mit 0:7. Am Silvestertag stand mit der Partie gegen Österreich die leichteste Aufgabe auf dem Programm. Sie wurde bravourös gelöst: Die Schützlinge von Trainer Mlejnek gewannen den Vergleich mit 7:0. Das reichte am Ende aber nur zum vierten Platz in der Gruppe B. Dadurch mussten die Tschechen im Viertelfinale gegen den Sieger der Gruppe A antreten. Das war niemand anderes als Gastgeber Kanada, der als größter Titelfavorit gehandelt wird. Und dieser Rolle wurden die Ahornblätter dann auch gerecht. Sie bezwangen die tschechische Mannschaft mit 3:0. Karel Mlejnek zog nach der Begegnung dieses Fazit:

Kanadische Mannschaft  (Foto: ČTK / AP Photo / Jason Franson)

„Kanada ist im ersten Drittel sehr früh mit 2:0 in Führung gegangen. Wir haben es danach nicht verstanden, uns gegen die kompakte Abwehr der Gastgeber durchzusetzen. Dennoch muss ich meiner Mannschaft ein Kompliment dafür aussprechen, dass sie alles versucht hat. Sie ist während des Turniers als echtes Team aufgetreten.“

Einsatzwille und mannschaftliche Geschlossenheit reichten aber auch diesmal nicht aus, um den Bock endlich umzustoßen. Und so hält die Durststrecke der tschechischen Junioren weiter an: Auch im 16. Anlauf seit dem letzten Podestplatz im Jahr 2005 blieben sie ohne Medaille. Um Gold, Silber und Bronze kämpfen erneut vier andere Nationen, so treffen im Halbfinale Kanada und Russland sowie die USA und Finnland aufeinander.

Tschechische Tourneeteilnehmer springen der Konkurrenz weit hinterher

Foto: ČTK / AP Photo / Matthias Schrader

Auch bei der Vierschanzentournee muss man hierzulande schon 15 Jahre zurückblicken, um auf den letzten großen Erfolg eines tschechischen Skispringers zu treffen. Zum Jahreswechsel 2005/06 gewann Jakub Janda die Tournee zusammen mit dem Finne Janne Ahonen. Der zweite Sieg eines Tschechen liegt noch weitere 25 Jahre zurück – 1971 war der legendäre Jiří Raška der beste Wettkämpfer nach allen vier Wettkämpfen. Dazwischen sorgten Skiadler wie Pavel Ploc, Rudolf Höhnl oder Jaroslav Sakala immer mal wieder für Podestplätze, doch nach dem Triumph von Janda versanken die tschechischen Skispringer immer mehr in der Bedeutungslosigkeit. Einzig Roman Koudelka, der im Jahr 2007 Junioren-Weltmeister wurde, konnte noch hin und wieder in die Phalanx der Weltbesten eindringen. Doch der 31-Jährige wurde zuletzt immer mehr von Verletzungssorgen geplagt. Wegen eines Sturzes im Sommertraining kurierte er zunächst eine Knöchel- und Schulterverletzung aus, bei einem weiteren Sturz verstauchte er sich das Knie. Die Schmerzen klangen nur langsam ab, weshalb Koudelka auch erst im Dezember in die neue Saison startete. Aber er wollte unbedingt bei der Vierschanzentournee dabei sein, für die ihn Nationaltrainer František Vaculík dann auch nominierte. Weil seine Teamkollegen im Weltcup nur spärlich gepunktet haben, konnte Vaculík für die aktuelle Tournee mit Čestmír Kožíšek und Viktor Polášek nur noch zwei weitere Springer an den Start bringen. Das Trio trat zum Tourneeauftakt in Oberstdorf mit dem Ziel an, zumindest mit einem Athleten in die Top 30 und damit in die Punkte zu springen. Doch das misslang. Auf der Schattenbergschanze landeten die Tschechen abgeschlagen auf den hinteren Rängen – Kožíšek wurde 51., Polášek 52. und Koudelka belegte nur den 56. Platz. Entsprechend ernüchtert war Trainer Vaculík:

Viktor Polášek  (Foto: ČTK / AP Photo / Daniel Karmann)

„Es ist eine kleine Enttäuschung, wir haben uns mehr erwartet. Auf der anderen Seite waren die Sprünge der Jungs im Wettkampf etwas besser als im Probedurchgang. Auch Roman hat einen für seinen momentanen Zustand stabilen Sprung gezeigt. Sein verletztes Bein kann er aber noch nicht völlig belasten. Dass er nicht zu 100 Prozent trainieren kann, merkt man.“

Čestmír Kožíšek  (Foto: ČTK / AP Photo / Matthias Schrader)

Deswegen trat Koudelka nach der Qualifikation für das Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen auch schon die Heimreise an. Polášek und Kožíšek qualifizierten sich zwar für diesen Sprunglauf, doch auch in Ga-Pa war ihr Einsatz schon nach dem ersten Durchgang zu Ende: Polášek belegte den 46. und und Kožíšek den 48. Rang. Noch schlechter war der tschechische Auftritt am Bergisel in Innsbruck, denn nur Polášek konnte sich für den Wettkampf qualifizieren. Doch auch diesmal kam er nicht über den 45. Platz hinaus. Als letzte Chance auf eine bessere Platzierung bleibt nun nur noch das Springen von der Paul-Außerleitner-Schanze in Bischofshofen. Das findet am Mittwoch statt, doch dafür müssen sich die beiden Tschechen erst einmal am Dienstag qualifizieren.

Autoren: Lothar Martin , Tomáš Petr , František Kuna
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