Sopranistin Jelínková begeistert von Prager Staatsoper: „Wie auf einem anderen Planeten“
Die tschechische Sopranistin Olga Jelínková ist seit dieser Spielzeit Mitglied des Opernensembles in Leipzig. Wegen der Corona-Pandemie sind alle Theater jedoch geschlossen. Die Solistin weilt zurzeit in Prag, wo sie in einer Neuinszenierung von Verdis Rigoletto in der Staatsoper singen wird. Die Premiere ohne Publikum wird vom Tschechischen Fernsehen live übertragen und wird online abrufbar sein. Martina Schneibergová traf mit Olga Jelínková vor der Generalprobe zusammen und führte mit ihr ein Gespräch.
Frau Jelínková, Sie bereiten sich gerade in Prag auf die Premiere von Verdis Rigoletto vor. Haben Sie die Partie der Gilda schon zuvor gesungen?
„Ja, ich habe schon in zwei Inszenierungen in Tschechien die Gilda gesungen, vor fünf Jahren und vor zehn Jahren. Zu der Rolle kehre ich also nach fünf Jahren wieder zurück.“
Wie verläuft die Zusammenarbeit mit der international anerkannten tschechischen Opernregisseurin Barbora Horáková?
„Barbora ist wunderbar. Sie hat ein schönes Regiekonzept, das sehr logisch ist. Auch wenn es modern ist, lässt sich die Regisseurin von Emotionen leiten. Wir können auch ein wenig improvisieren. Das ist für uns sehr angenehm. Es ist wirklich eine tolle Arbeit mit ihr.“
Musikalisch wird die Oper durch den italienischen Dirigenten Vincenzo Milletari einstudiert. Er hat hier in Prag zuvor schon Puccinis Madame Butterfly dirigiert…
„Ja, das habe ich gehört. Was ich unglaublich finde, ist die Tatsache, dass er die Oper auswendig kennt, dass er ohne Partitur dirigiert. Er kennt jede Note, jede Silbe. Der Originaltext ist natürlich in italienisch, und der Dirigent singt mit uns. Er bietet uns Raum, wenn wir mehr Atem brauchen, er gibt uns Zeit. Die Zusammenarbeit ist wirklich sehr, sehr gut.“
Die Besetzung ist international. Haben Sie einige der Solisten vorher gekannt?
„Die ausländischen Sänger nicht, aber die Kolleginnen und Kollegen vom Prager Nationaltheater kenne ich selbstverständlich.“
Spielt für Sie die Tatsache eine Rolle, dass Sie jetzt eine Oper einstudieren, die jedoch ohne Publikum aufgeführt und in den nächsten Wochen nur online zu sehen sein wird?
„Es ist schwierig und traurig zugleich. Aber ich habe es schon einmal gesagt: Wir sind hier in der Staatsoper wie auf einem anderen Planeten. Denn wir dürfen ohne Abstände spielen und singen, wir können uns umarmen, also alles sozusagen normal machen.“
Sie müssen höchstwahrscheinlich alle auf das Coronavirus getestet werden, nicht wahr?
„Ja, schon. Bisher hatten wir aber keine Probleme.“
Zwei Jahre lang waren Sie Mitglied des Opernensembles des Saarländischen Staatstheaters. Diese Spielzeit haben Sie in der Oper in Leipzig eröffnet. Haben Sie es geschafft, noch vor der zweiten Corona-Welle auf der Bühne zu singen?
„Ich war knapp zwei Monate lang dort. Da Prag zu dem Zeitpunkt auf der Corona-Karte rot eingefärbt war, musste ich in Leipzig bleiben. Wir haben damals eine Inszenierung von Mozarts Zauberflöte vorbereitet. Es war aber eine gekürzte ,Corona-Version‘ mit einer kleineren Besetzung, die Oper dauerte nur eine Stunde lang, und es gab keine Pausen. Außerdem bin ich in einer sehr witzigen Inszenierung aufgetreten. Das Stück ,Crinolissimo‘ war eigentlich eine Operngala, das heißt, wir haben nicht nur gesungen, sondern auch gesprochen. Zusammen mit meinen neuen Kolleginnen und Kollegen, die sehr nett sind, habe ich das sehr genossen.“
Haben Sie in der Corona-Fassung der Zauberflöte die Königin der Nacht gesungen?
„Ja, die beiden Arien können nicht gestrichen werden, die Königin der Nacht durfte nicht fehlen.“
Zu den Aufführungen war damals noch Publikum zugelassen, nehme ich an?
„Ja, das war damals noch mit Publikum. Nach zwei Monaten war die Corona-Lage jedoch schlimmer, und ich bin seitdem in Prag. Jetzt habe ich gerade eine Nachricht aus Leipzig bekommen, dass bis Ostern alle Vorstellungen abgesagt sind. Alles muss umgeändert werden.“
Wissen Sie schon jetzt ungefähr, was auf dem Programm stehen würde, falls es möglich wäre, wieder zu spielen?
„Es soll wieder die Zauberflöte einstudiert werden, Regie soll Barbora Horáková haben. Geplant sind auch Donizettis Liebestrank in der Regie von Rolando Villazón und Verdis La Traviata. Aber niemand weiß, wie das weiter sein wird. Es gab schon Stimmen, dass die ganze Saison ausfallen würde. Das macht mich ein wenig depressiv. Aber wer weiß…“
Kommen wir noch auf die sozusagen ,gesunden‘ und glücklicheren Zeiten in Saarbrücken zurück. Welche Rollen haben dort zu ihren beliebtesten gehört?
„Meine erste Premiere dort war in La Traviata. Das war eine wunderschöne Vorstellung. Dann folgte die Partie in ,Médée‘. Ich habe eine Koloratursopranrolle gesungen, die nicht sehr bekannt ist. Ich sang auch in Korngolds Oper ,Die tote Stadt‘. Nicht zu vergessen ist die Partie der Marguerite in Gounods ‚Faust‘. Das waren meine schönsten Rollen. Und dann kam Covid…“
Sie haben hierzulande in den vergangenen Monaten bei Konzerten gesungen, die aber nur gestreamt wurden. Am Samstag findet in der Staatsoper die Premiere der Neuinszenierung von Rigoletto statt, jedoch ohne Publikum. Wie verbringen Sie die Zeit, wenn nicht geprobt wird?
„Meine Familie geht sehr gern spazieren. Wir unternehmen Ausflüge, ich mache Joga, gehe mit dem Hund spazieren. Ich mache, was möglich ist. Ich wünsche uns allen, dass wir gesund bleiben, dass alles wieder normal wird, dass wir wieder vor Zuschauern auftreten dürfen.“
Die Premiere von Verdis Rigoletto findet am Samstag um 20 Uhr in der Staatsoper statt. Die Veranstaltung wird live vom Tschechischen Fernsehen übertragen und danach noch einen Monat lang im Fernseharchiv abrufbar sein.