Hausärzte starten Impfungen – trotz technischer Probleme und fehlender Vakzine
Bei den Corona-Impfungen hinkt Tschechien im europäischen Vergleich hinterher. Bisher wurden noch nicht alle Senioren über 80 Jahre vakziniert, obwohl mit ihrer Impfung bereits Mitte Januar begonnen wurde. Menschen über 70 Jahre können sich erst seit dieser Woche für eine Corona-Impfung anmelden. Einen Fortschritt gibt es dennoch, so sind neben den Impfzentren nun auch die Arztpraxen eingebunden.
Rund 80 Prozent der praktischen Ärzte haben sich zum Impfen bereit erklärt. Unter anderem kämpfen sie derzeit aber noch mit technischen Problemen. Über das zentrale staatliche Impfsystem konnte zum Beispiel eine Reihe von Patienten nicht identifiziert werden und verhinderte eine Registrierung. Petr Šonka ist Vorsitzender des Verbandes praktischer Ärzte:
„Das Impfsystem ist auf den letzten Drücker zusammengestellt worden und ist nicht kompatibel mit unserer Software. Wir müssen also per Hand arbeiten. Ich habe am Montag beispielsweise etwa eine Stunde gebraucht, bis ich 20 Menschen ins System eintragen konnte.“
Laut dem IT-Regierungsbevollmächtigten Vladimír Dzurilla meldete das zentrale System jedoch keinerlei Probleme. Allerdings räumte er ein, dass Ärzte noch Mühe hätten. Man arbeite aber an Verbesserungen, so der Regierungsbevollmächtigte:
„Derzeit muss jeder Patient einzeln angemeldet werden. In den nächsten Tagen wird aber eine Anmeldung von mehreren Interessenten auf einmal ermöglicht.“
Die Menschen in Tschechien müssen trotzdem Geduld haben. Der Grund ist ein Mangel an Impfstoffen. Die ersten Vakzine könnten erst Ende März an die Ärztepraxen geliefert werden, sagt Šonka. Der Verbandschef beschreibt, wie die vorhandenen Impfstoffe verteilt werden sollen:
„In jedem Kreis werden an die Ärzte jeweils 100 Dosen verteilt, bis die Lieferung aufgebraucht ist. Das heißt, wenn es im Kreis 200 Ärzte gibt und wir aber nur 100 Dosen für 20 Ärzte haben, werden diese an die ersten 20 Praxen geliefert. Ausschlaggebend wird sein, wer die meisten registrierten Patienten hat.“
Die Hausärzte haben die Kreishauptleute und das Regierungskabinett dazu aufgerufen, allen beteiligten Ärztepraxen 100 Impfdosen zu liefern. Während der nachfolgenden Wochen würden sie damit jene Patienten impfen, die ein hohes Ansteckungsrisiko haben. Zu ihnen gehören auch Menschen mit schweren Erkrankungen, die jünger als 70 Jahre sind. Es handelt sich um Patienten mit Krebs oder mit kardiovaskulären Erkrankungen. Die Liste der Erkrankungen sei vom Gesundheitsministerium zusammengestellt worden, sagte Cyril Mucha von der Gesellschaft für Allgemeinmedizin:
„Die Kriterien sind aufgrund der Erkenntnisse der Intensivstationen zusammengestellt worden, auf denen Corona-Patienten behandelt werden. Dabei wurde ausgewertet, welche Erkrankungen zu den schwersten Verläufen von Covid 19 geführt haben.“
In vollem Umfang sollen die Impfungen in den Ärztepraxen erst im April anlaufen, wenn es voraussichtlich genügend Vakzine geben wird. Immunisiert wird dann wohl vor allem mit dem Stoff von Astra Zeneca.
In dieser Frage spielt allerdings auch eine Entscheidung der EU eine Rolle. Sie beurteilt derzeit, ob auch der Biontech-Impfstoff in normalen Gefrierschränken gelagert werden darf. Den entsprechenden Antrag haben diese Woche Pharmaproduzenten bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) gestellt. Jakub Dvořáček leitet den Verband innovativer Pharmaindustrie in Tschechien:
„Dies ist eine gute Nachricht nicht nur wegen der Lagerung, sondern auch der ganzen Logistik. Natürlich befördert dies Überlegungen, ob nicht auch praktische Ärzte den Impfstoff nutzen könnten. Dies wäre in Tschechien notwendig.“
Das bestätigte auch Petr Šonka:
„Uns als praktische Ärzte interessiert das sehr. Dies würde nicht nur uns, sondern vor allem den Patienten helfen. Damit würde man eine massive Verwendung dieses Impfstoffes in den Ärztepraxen ermöglichen. Denn gerade Pfizer/Biontech sollen den meisten Impfstoff nach Tschechien liefern. Und das könnte den Umfang der Impfungen in den Praxen wesentlich erhöhen.“