Regierungswechsel in Tschechien: Staatspräsident wird alle Minister ernennen
Präsident Miloš Zeman ernennt am Freitag die neue Regierung von Premierminister Petr Fiala (Bürgerdemokraten). Das Staatsoberhaupt hat nun alle Vorschläge zur Besetzung von Ministerposten akzeptiert, die Fiala vorgelegt hat.
Die Verhandlungen um den Regierungswechsel haben eine überraschende Wende gebracht. Staatspräsident Miloš Zeman zeigte sich nun doch bereit, alle Mitglieder der neuen Regierung zu ernennen – also auch den Kandidaten für das Außenministerium, Jan Lipavský. Noch am Freitag hatte Zeman angekündigt, den Piratenpolitiker nicht auf dem Posten einzusetzen. Zur Einigung kam es nun aber bei einem Treffen des designierten Premiers Petr Fiala mit Zeman auf Schloss Lány am Montagnachmittag. Fiala beschrieb die Verhandlungen mit dem Staatsoberhaupt am Dienstag in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Wir haben eine Diskussion geführt, die sehr offen und manchmal auch hart und nicht einfach war. Entscheidend war schließlich, dass der Präsident sich bewusst geworden ist, was auch mir klar ist: Ein Streit vor dem Verfassungsgericht, ein Streit zwischen zwei Institutionen, also zwischen ihm und der Regierung, würde der Tschechischen Republik derzeit nicht gut tun.“
Tschechien sei derzeit mit mehreren Krisen konfrontiert, so Fiala:
„In einer Zeit, in der wir großen Problemen gegenüberstehen – seien es die Corona-Epidemie, die steigenden Energiepreise, die Inflation oder die Verschlechterung des internationalen Klimas –, müssen wir uns auf die Lösung der politischen Probleme konzentrieren, und nicht auf einen Kompetenzstreit zwischen dem Staatsoberhaupt und dem Premier. Ich rechne Zeman hoch an, dass er in dieser Sache eingelenkt hat, trotz seiner bleibenden Vorbehalte gegen Jan Lipavský.“
Zeman gab seinen Widerstand auf, nachdem Fiala mit einer Kompetenzklage vor dem Verfassungsgericht gedroht hatte. Das Gericht sollte klären, ob der Staatspräsident seine Befugnisse überschreitet, wenn er die Ernennung einzelner Minister ablehnt. Nach Meinung vieler Verfassungsrechtler würde Zeman einen entsprechenden Streit verlieren.
Der Präsident habe für sein Zugeständnis keine Bedingungen gestellt, teilte Fiala mit:
„Wir werden uns von nun an regelmäßig treffen. Ich war von Anfang an überzeugt, dass es so richtig ist. Ich will mit Zeman einen regelmäßigen Dialog führen, denn es ist nicht akzeptabel, dass der Staatspräsident und der Premier nicht miteinander reden. Dies gehört meiner Meinung nach vielmehr zur politischen Kultur. Ich will mit Menschen diskutieren und eine Einigung suchen, auch wenn wir unterschiedliche Ansichten haben.“
Der nun beigelegte Streit hatte sich um die Person des künftigen Außenministers Jan Lipavský entfesselt. Zeman wirft dem Piraten „mangelnde Qualifikation“ vor und eine mangelnde Unterstützung für die Zusammenarbeit mit den Visegrád-Staaten sowie für gute Beziehungen zu Israel. Zum Thema Außenpolitik sagte Fiala am Dienstag:
„Ich habe öffentlich und auch dem Präsidenten gegenüber wiederholt bekräftigt, dass jedes Mitglied meiner Regierung den Koalitionsvertrag akzeptieren wird. Auch Jan Lipavský wird sich an die außenpolitischen Vorgaben halten. Darin sind eben die Bereiche geregelt, zu denen der Präsident Einwände hatte – das heißt die Beziehungen zu den Visegrad-Ländern und zu Israel.“
Das neue Kabinett wird am Freitag auf Schloss Lány ernannt. Sobald die Regierungserklärung ausgearbeitet ist, will der Premier Mitte Januar das Unterhaus um das Vertrauen bitten. Die Regierungskoalition wird von fünf Mitte-Rechts-Parteien gebildet, und zwar den Bürgerdemokraten (ODS), den Christdemokraten (KDU-ČSL), der Partei Top 09, der Bürgermeisterpartei (STAN) und den Piraten.