Tschechische Zentren präsentieren Visionen für Europa
Visionen für Europa – unter diesem Motto soll die tschechische EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte von Kulturprojekten begleitet werden.
Nachhaltigkeit, Innovation und Kreativität – das sind die drei Hauptsäulen des Kulturprogramms. Dieses wurde von den Tschechischen Zentren entworfen und wird ab Juli im weltweiten Netz dieser Kulturinstitute präsentiert. Tomáš Sacher ist Programmleiter der tschechischen Zentren für die EU-Ratspräsidentschaft. Anlässlich der offiziellen Vorstellung des Konzepts im Palais Czernin in Prag sagte er gegenüber Radio Prag International:
„Wir haben eine ganze Kultursaison vorbereitet. Schon Anfang 2021 haben wir damit begonnen und insgesamt zehn Projekte entwickelt, die sich jetzt im gesamten Netzwerk abspielen werden. Das heißt: 26 Länder, zehn Projekte, und dazu kommen extra noch landesspezifische Veranstaltungen. Auf diese Weise wollen wir eine gemeinsame Idee verbreiten. Unser Motto heißt Visionen für Euroa. Das gesamte Programm ist zukunftsorientiert. Wir haben die Plattform visionsforeurope.cz geschaffen. Dort werden sich Wissenschaftler, Künstler und andere Persönlichkeiten sammeln, um in einem kurzen Video etwas über die Zukunft Europas zu sagen. Alle, die daran teilnehmen, bekommen dieselbe Frage: Was ist Ihre Vision von Europa und für Europa? Und was tun Sie persönlich dafür?“
Und was ist Ihre Vision für Europa?
„Meine Vision für Europa ist ein Raum, der zusammenarbeitet, der verbunden bleibt, der gemeinsame Themen hat und diese Themen und die Herausforderungen auch gemeinsam angeht. Wenn wir das beibehalten, wenn wir das schaffen, kommt das andere schon automatisch. Wir müssen auf jeden Fall eine weitere Grenzschließung vermeiden, wir müssen dabei bleiben, durch Europa reisen zu können und kulturellen Austausch als ganz wichtige Sache zu sehen. Wenn wir gemeinsam Projekte wie diese entwickeln, dann kann das funktionieren. Im Übrigen ist eine wichtige Sache dabei, dass die Projekte eigentlich nur zur Hälfte vorbereitet sind. Wir wollen, dass in den jeweiligen Ländern, wo sie sich abspielen, noch viel mehr Inhalt hinzukommt. Wir wollen nicht, dass in Europa etwas Fertiges verkauft wird, sondern das Fertige durch einen Austausch entsteht.“
Sie sprechen von zehn Projekten. Können Sie einige Beispiele nennen?
„In diesen zehn Projekten sind alle Sphären des öffentlichen Lebens enthalten. In einem Projekt besprechen wir mit Studenten die Zukunft Europas. Sie bereiten kurze Videos und Texte für uns vor, und wir überlegen gemeinsam, was für ein Europa es im Jahr 2050 geben wird. Mit unserem Partner, der Václav-Havel-Bibliothek, haben wir Podiumsdiskussionen geplant, die sich weltweit abspielen werden. Wir haben Projekte im öffentlichen Raum, bei denen wir auch mit Murals (kreative Wandmalereien, Anm. d. Red.) arbeiten und also draußen Kunstwerke kreieren. Wir haben ein Projekt für vermischte Realität – Augmented Reality –, bei dem wir Wissenschaftler und wissenschaftliche Projekte vorstellen, die sich mit Themen der Nachhaltigkeit beschäftigen. Und hinzukommen die Klassiker wie die ‚Lange Nacht der Literatur‘, die diesmal auf europäischer Ebene stattfindet und daher eine ‚Europäische Nacht der Literatur‘ sein wird. Insgesamt gilt für alle zehn Projekte, dass die thematischen Hauptlinien Nachhaltigkeit, Kreativität und Innovationen sind.“
Werden diese Projekte und das Programm auch in den deutschsprachigen Ländern präsentiert, das heißt in den tschechischen Zentren in Berlin, München und Wien?
„Definitiv. Das sind natürlich unsere wichtigen Partner und Kulturinstitute, die im kommenden halben Jahr die meisten Projekte auch vermitteln werden.“
Die Hauptstadt der Europäischen Union ist Brüssel. Wird dort, direkt in der Stadt, zu sehen sein, dass Tschechien gerade die Präsidentschaft übernommen hat?
„Das hoffen wir. Aber noch einmal gesagt: Für das Ganze gilt, dass wir nicht zuvorderst das Tschechische verkaufen wollen. Wir wollen klar und eindeutig sagen, dass unser Thema die Verantwortung für Europa ist.“
Soweit Programmleiter Tomáš Sacher. Dass Tschechien die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, wird ab Juli in Brüssel deutlich zu merken sein. Rund zwanzig Fahnen, 2,25 Meter auf 1,5 Meter groß, werden rund um den Schuman-Platz wehen, den Sitz der wichtigsten EU-Institutionen. Tschechische und europäische Künstler sollen in ihren Installationen mit der tschechischen Flagge spielen.
Ondřej Černý ist Generaldirektor der Tschechischen Zentren. Er bestätigt, dass Tschechien verstärkt Präsenz in Brüssel zeigen wird:
„So muss es auch sein. Das Kulturzentrum Bozar wird ein halbes Jahr lang voller tschechischer Spuren sein, die mit tschechischer Musik und tschechischer visueller Kunst verknüpft sind. Wir fokussieren uns aber auch auf weitere Themen. Zum Beispiel fangen wir die Präsidentschaft mit einem Emil-Zátopek-Lauf an, bei dem die Präsidentschaft von Frankreich an die Tschechische Republik übergeben wird.“
Wie der Generaldirektor der Tschechischen Zentren betont, liegt das Hauptanliegen aber tatsächlich anderswo als in der Fokussierung auf Tschechien:
„Unsere Absicht ist eben nicht, die tschechische Kultur zu präsentieren. Von den zehn Projekten gibt es nur eines derart ausgerichtetes, da wird tschechisches Glas präsentiert. Sonst wollen alle Projekte die europäische Gesellschaft ins Spiel nehmen. Wir möchten während der Ratspräsidentschaft Moderatoren der Diskussion über die Zukunft von Europa sein.“
Černý erwähnt auch das aktuelle Thema Ukraine, das die tschechische EU-Ratspräsidentschaft im politischen Bereich dominieren wird:
„An der Situation, die für uns wirklich total neu ist, gibt es eine gute Sache: Europa hat sich wirklich vereinigt. Das muss man jetzt ausnutzen und versuchen, ein neues Denken über Europa zu initiieren."
Viele tschechische Persönlichkeiten werden gefragt, wie sie sich die Zukunft des Kontinents vorstellen. Und wie sieht Ondřej Černýs Vision für Europa aus?
„Für mich ist es eine große Aufgabe. Es ist die Aufgabe unserer Generation, die Generation unserer Kinder und Enkel so vorzubereiten, dass Europa sich weiterentwickelt und all die Werte, die echt europäisch sind, bewahrt werden. Damit Europa und seine Stellung in der Welt in der Zukunft stark bleiben.“