Visací zámek: Die tschechische Punk-Legende feiert ihr 40. Band-Jubiläum
Nur wenige Musikgruppen können auf eine jahrzehntelange Bandgeschichte zurückblicken. Und noch weniger spielen seit ihrer Gründung in der gleichen Besetzung. Eine dieser Bands ist Visací zámek, zu Deutsch Vorhängeschloss. Die legendäre tschechische Punkband feierte vor Kurzem mit einem großen Konzert in Prag ihr 40. Jubiläum. Dabei wurde klar: Aufhören wollen die Musiker noch lange nicht.
Die Geschichte von Visací zámek geht zurück an den Beginn der 1980er Jahre. Fünf Prager Bauingenieurstudenten streuten aus Jux und Tollerei an ihrer Fakultät das Gerücht, es gäbe da diese eine großartige Punkband namens Visací zámek. Die Information schlug derart ein, dass Jan Haubert und seinen Mit-Studierenden nichts anderes übrigblieb, als tatsächlich einige Stücke einzustudieren und ein Konzert zu veranstalten. Das war 1982. Die Reaktionen waren überwältigend, und so machten Visací zámek weiter und wurden schließlich die Pioniere für Punkmusik in der sozialistischen Tschechoslowakei. Bekannte Lieder aus der Anfangszeit der Band sind etwa „Cigára“ (Zigarette) oder „Dopravní značky“ (Verkehrsschilder).
Die Zeit des Kommunismus war für Visací zámek keine leichte. Punkrock passte nicht ins Konzept, zudem wurden die Bandmitglieder Mitte der 1980er Jahre zum Wehrdienst eingezogen. Um der Zensur zu entgehen, musste die Band unter einem Decknamen auftreten. Hierfür wählte sie die Bezeichnung „Traktor“ – nach einem ikonischen Lied aus der Anfangsphase der Band. Bis heute fehlt diese Nummer auf keinem der Konzerte von Visací zámek.
Erst 1988 konnten Visací zámek beim Label Supraphon ihre erste Single aufnehmen – jedoch nur unter der Abkürzung „V.Z.“. Die erste LP erschien schließlich nach der Samtenen Revolution. In den 1990er Jahren experimentierte die Band mit Elementen von Alternative-Rock, kehrte dann aber doch zum guten alten Punkrock zurück. Bei dieser Musikrichtung ist Visací zámek bis heute geblieben. Einer der größten Hits der Band heißt dann auch „Známka punku“, zu Deutsch etwa „Punk-Symbol“. Das Lied kennen in Tschechien auch viele, die sonst eher anderen Genres zugeneigt sind.
Die Songtexte von Visací zámek schreibt bis heute der Sänger Jan Haubert. Im Laufe der vierzigjährigen Bandgeschichte hat Visací zámek aber auch die Werke berühmter Autoren wie etwa Christian Morgenstern oder František Gellner vertont. Zudem erschien das Gedicht „Hrál kdosi na hoboj“ („Es spielte wer Oboe“) von Karel Hlaváček in einer Punk-Version.
In den 40 Jahren ihres Bestehens haben Visací zámek 20 Alben veröffentlicht – von Studioaufnahmen und Best-Of-Alben bis zu Mitschnitten von Live-Auftritten. Die letzte Platte erschien 2020 und trägt den Titel „Anarchie a totál chaos“, zu Deutsch also etwa „Anarchie und totales Chaos“.