Seit 25 Jahren für immer jung: Tandem feiert Geburtstag
Die Koordinierungszentren für den deutsch-tschechischen Jugendaustausch Tandem sind aus der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit kaum noch wegzudenken. Die Organisation hat nun in Pilsen ihr 25. Jubiläum begangen.
Mit einem Cover des Songs „Für immer jung“ – nicht von Karel Gott, sondern von Wolfgang Ambros – wurden die Feierlichkeiten in Pilsen eröffnet. Seit 25 Jahren verbinden die Koordinierungszentren für den deutsch-tschechischen Jugendaustausch junge Menschen aus Deutschland und Tschechien. An der Spitze beider Tandem-Büros gab es im vergangenen Jahr einen Führungswechsel. In Regensburg hat Kathrin Freier-Maldoner die Führung übernommen. Im Interview mit Radio Prag International erklärte sie, wie sie zu Tandem gekommen ist:
„Der erste intensive Kontakt fand über das Deutsch-tschechische Jugendforum statt. Ich war dort Mitglied und Sprecherin. Das Forum wird unter anderem von Tandem über die Mittel aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes gefördert. Das war für mich der Einstieg in die deutsch-tschechische Jugendarbeit, und ich habe mir dort zum ersten Mal darüber Gedanken gemacht, wie man Themen nicht nur im nationalen Rahmen, sondern auch grenzübergreifend angehen kann.“
ZUM THEMA
Freier-Maldoner erinnerte sich weiter, was damals für sie im Zentrum der grenzüberschreitenden Arbeit stand…
„Unser Thema in der Arbeitsgruppe war damals ‚Tschechisch? Sprech‘ ich!‘ Das war 2005, und heute erleben wir noch immer die Diskussion über die Nachbarsprache – Deutsch in Tschechien und andersherum. Man sollte nicht zurückdenken und darüber phantasieren, wo wir heute stehen könnten, wenn wir damals schon intensiver begonnen hätten. Aber wir sollten uns auch heute fragen: Was können wir tun, um jungen Menschen Zugänge zur Nachbarsprache zu bieten?“
Deutsch-tschechische Jugendarbeit – von Kindergartenkindern bis zu Auszubildenden
Doch die jeweils andere Sprache, das ist nur ein Aspekt der Arbeit von Tandem. Auch die Feierlichkeiten zum Jubiläum würden zeigen, wie breit die Organisation aufgestellt sei, so die deutsche Leiterin weiter:
„Zum einen feiern wir mit dieser Jubiläumsveranstaltung. Rund um die Feierlichkeiten gibt es aber auch mehrtägige fachliche Veranstaltungen für alle Zielgruppen, mit denen wir arbeiten: angefangen vom vorschulischen Arbeitsfeld, über den außerschulischen sowie den schulischen Bereich bis hin zu den Berufsschulen. Es gibt zudem eine deutsch-tschechische Jugendkonferenz. All diese Aktionen finden rund um das Jubiläum statt. Wir freuen uns unglaublich, dass wir gemeinsam mit Menschen feiern können, die die deutsch-tschechischen Beziehungen für jungen Menschen mit Leben füllen – und auch mit den Jugendlichen selbst.“
Tandem berät Leute, die in der tschechisch-deutschen Jugendarbeit aktiv sind, führt selbst Veranstaltungen durch oder vermittelt etwa freiwillige berufliche Praktika. Bei diesen können Berufsanfänger für eine Zeit lang im Nachbarland Erfahrungen sammeln. Auch Freiwilligendienste oder Sprachanimation gehören zum Portfolio dazu.
Alles begann in Polička…
Aber wie ist es vor 25 Jahren zur Gründung von Tandem gekommen? Am Anfang stand der Nachbarschaftsvertrag von 1992 – oder, so der Langtitel: „Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit“. In ihm war die Rede davon, dass beide Staaten „die Begegnung, den Austausch und die Zusammenarbeit von Jugendlichen unterstützen und fördern“ wollen. Von einem Jugendwerk war damals aber noch nicht die Rede – anders als im Falle des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages, der ein Jahr zuvor ratifiziert wurde.
Wie es schließlich doch zur Gründung der Koordinierungszentren kam, erklärte bei der Jubiläumsveranstaltung in Pilsen Jochen Rummenhöller vom Deutschen Bundesjugendring (DBJR):
„In Deutschland wurde ab 1994 über die Einrichtung eines deutsch-tschechischen Jugendwerkes diskutiert, und dies – auch im Bundestag. Dort gab es schon 1995 eine entsprechende Initiative von jungen Abgeordneten und den Grünen. Der geplante Jugendausschuss sprach sich gegen ein klassisches Jugendwerk aus. Und so kam es zu einem Pilotprojekt: Man wollte zwei Büros einrichten. Schon ein Jahr vor Polička ist so die Idee der zwei Koordinierungsbüros entstanden.“
Polička, damit ist das erste deutsch-tschechische Jugendtreffen im Jahr 1996 gemeint. Doch bevor es soweit war, waren es vor allem die beiden Bildungsministerien, die die Initiative vorantrieben. Dazu der Leiter der Abteilung für Internationale und Europäische Jugendpolitik beim DBJR:
„In den Ministerien war man schon sehr viel weiter, aber die Regierungschefs zögerten noch, das Projekt zu unterstützen. Deshalb brauchte es den Anschub der beiden Präsidenten. Sie haben sich gesagt: ‚Okay, lassen wir doch einmal junge Menschen ihre Ideen präsentieren.‘“
Die beiden Staatspräsidenten, das waren damals Roman Herzog auf deutscher und Václav Havel auf tschechischer Seite. Zur Vorstellung der Ideen der Jugend kam es schließlich beim Jugendtreffen in Polička im September 1996. Die Veranstaltung an der Grenze zwischen Böhmen und Mähren wurde von Jochen Rummenhöller mitorganisiert.
Von den Bildungsministern Deutschland und Tschechiens wurde dort am 3. September eine gemeinsame Absichtserklärung abgegeben. Sie legte den Grundstein für Tandem. Beide Seiten waren sich einig, dass man eher zwei Kontaktstellen wolle, als ein übernationales Jugendwerk. Da die Ministerien in beiden Ländern schon länger an dem Projekt arbeiteten, konnten die Büros in Pilsen und Regensburg bereits im April 1997 den Dienst aufnehmen.
An den Organisationsstrukturen der Koordinierungszentren für den deutsch-tschechischen Jugendaustausch hat sich seitdem nicht allzu viel geändert. Das Büro in Regensburg steht heute unter der Trägerschaft des Bayerischen Jugendrings, das in Pilsen ist an die Westböhmische Universität angegliedert.
Viele gute Wünsche für die Zukunft
25 Jahre, nachdem die Büros ihren Dienst aufgenommen haben, saßen nun in Pilsen wichtige Vertreter der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit zusammen. Der deutsche Botschafter in Tschechien, Andreas Künne, betonte, dass die Arbeit von Tandem nicht nur in guten Zeiten wichtig sei:
„Wenn die Regierungen sich einmal nicht so gut verstehen, was selten vorkommt, dann ist Ihr Einsatz, das, was Sie hier machen, das Zentrale: Nämlich dafür zu sorgen, dass wir einen kontinuierlichen Austausch haben und dass wir mehr über den oder die andere erfahren. Vielen Dank für Ihre Arbeit, herzlichen Glückwunsch für die zurückliegenden 25 Jahre und alles Gute für die nächsten!“
Im vergangenen Jahr hat es nicht nur auf der deutschen, sondern auch auf der tschechischen Seite einen Leitungswechsel bei Tandem gegeben. Die neue Chefin in Pilsen ist Lucie Tarabová. „Ich habe kurz nach der Pandemie angefangen – oder eigentlich noch mitten in der Corona-Zeit“, sagte sie im Interview mit Radio Prag International. „So richtig los ging es aber erst dieses Jahr.“
Bei dem Event in Pilsen wurden einige Video-Gratulationen von Menschen abgespielt, die in der deutsch-tschechischen Welt aktiv sind. Aber was wünschen sich die Tandem-Chefinnen selbst für die nächsten 25 Jahre der Organisation – und für die Zeit danach? Lucie Tarabová:
„Ich hoffe, dass Tandem dann immer noch aktuell ist und Dinge macht, die die Gesellschaft in 25 Jahren braucht. Dass Tandem Themen angeht, die junge Leute interessieren, und dass die Organisation so weiterhin die Zukunft gestaltet.“
Denn „gemeinsam die Zukunft gestalten“, so lautet auch das Motto von Tandem. Lucie Tarabovás deutsche Kollegin, Kathrin Freier-Maldoner, blickt wie folgt in die Zukunft der Organisation:
„Ich wünsche mir weiterhin die Unterstützung von all den Partnereinrichtungen und den Trägern. Ich wünsche mir eine gute finanzielle Ausstattung der beiden Koordinierungszentren, sodass wir alle Begegnungen weiter mitfinanzieren können – angefangen bei Begegnungen von Kindern, über die Jugendlichen bis zu den Fachkräften. Außerdem, dass weiterhin unsere eigenen Veranstaltungen möglich sein werden, wie etwa im Bereich fachlicher Weiterqualifizierung und Beratung. Und ich wünsche mir, dass wir die Herausforderungen, die anstehen, in der Mitte Europas gemeinsam angehen.“