Tschechische Forschungsstation „Hydronaut“ testet unter Wasser Bedingungen für Mondflug
In einem gefluteten Steinbruch bei Železný Brod / Eisenbrod war vergangene Woche die Forschungskapsel „Hydronaut“ im Einsatz. Mehrere Meter unter Wasser wurden die Bedingungen für einen Mondflug simuliert.
Am Montag wollte die Nasa eigentlich eine unbemannte Rakete ins All schicken, die den Mond umfliegen soll. Wegen technischer Probleme ist die Mission „Artemis 1“ aber verschoben worden. Sie wird der Auftakt sein zu einem neuen Programm, mit dem die US-Amerikaner wieder einen Menschen auf den Mond bringen wollen.
Wie es Astronauten bei dem langen Flug zu diesem Himmelskörper wahrscheinlich ergeht, das haben tschechische Wissenschaftler vergangene Woche sieben Tage lang erprobt. In einem nordböhmischen Steinbruchsee ging das Unterwasserlabor „Hydronaut“ auf Tauchgang. Dieses Projekt namens „Diana“ haben die Technische Universität Prag, die Palacky-Universität Olomouc / Olmütz sowie das Gründerzentrum der Europäischen Weltraumorganisation erdacht. An der Entwicklung des „Hydronaut“ war vor 15 Jahren auch Matyáš Šanda beteiligt:
„Ich kann mit reinem Gewissen sagen, dass wir im Moment die Einzigen auf der Welt sind, die Wissenschaftlern eine derartige Technologie zur Verfügung stellen können. Die Station ist eine sieben Meter große Konstruktion, die man sich wie ein Einfamilienhaus vorstellen kann. Es gibt mehrere Eingänge. Wir nutzen zumeist den unteren, in den die Taucher hineinschwimmen.“
Im Kontrollturm, der sich über dem Steinbruch erhebt, sitzt der Einsatzleiter Aleš Fiala vor mehreren Monitoren und ruft die Station an. In der gelb-weißen Kapsel befinden sich drei Testpersonen mehrere Meter tief unter Wasser. Jan Hejda und seine Kollegen von der Technischen Universität haben deren körperlichen Zustand permanent im Auge. Er zeigt auf einen der Bildschirme:
„Hier werden die aktuellen Körperdaten der Besatzung angezeigt. Zu sehen ist das EKG, die Atemfrequenz und der Hautwiderstand.“
Im Unterwasserschiff herrsche eine Durchschnittstemperatur von etwa 22 Grad Celsius, berichtet Hejda. Dokumentiert würden aber nicht nur die Körperdaten, sondern auch die Stimmung an Bord:
„Dafür nutzen wir künstliche Intelligenz, die Videoaufnahmen analysiert. Sie erkennt die Gesichter und ordnet ihnen die einzelnen Emotionen zu.“
Ein hoher Außendruck und die Isolierung von der gewohnten Welt hätten zwangsläufig Auswirkungen auf die menschliche Psyche, ergänzt der Psychologe Roman Procházka von der Palacky-Universität. Das wirke sich auch auf die Gruppendynamik aus:
„Bei diesem Experiment interessiert uns, wie sich diese mit der Zeit verändert. Das betrifft Situationen, in denen Arbeiten zu erledigen sind, und solche ohne Aufgabenstellung – ob sich die Beteiligten also langweilen oder nicht.“
Nach sieben Tagen konnte die Besatzung des „Hydronaut“ am Freitag wieder langsam und kontrolliert auftauchen. Für die Wissenschaftler beginnt aber nun die eigentliche Arbeit. Für die Auswertung der gewonnenen Daten ist etwa ein dreiviertel Jahr einkalkuliert. Die Ergebnisse sollen dann Anwendung finden bei einer geplanten Expedition zum Polarkreis, bei Rettungseinsätzen oder auch bei der Auswahl der Besatzung langer Weltraumflüge, wie etwa zum Mond.