Chemie, Archäologie und Medizin: Universität Olmütz betreibt eigene Mikrobrauerei
Studierende an der Universität im mährischen Olomouc / Olmütz sind ihre eigenen Braumeister. Doch das Bier wird nicht bei Partys ausgeschenkt, sondern in Labors getestet. Denn seit Neuestem betreibt die Hochschule eine Mikrobrauerei in ihren Räumen.
Der Braukessel fasst nur 30 Liter. Lukáš Kučera zieht ihn unter einem Tisch in seinem Büro hervor. Sein Fachbereich, die analytische Chemie, ist auf die Idee einer Mikrobrauerei an der Universität Olmütz gekommen:
„Wir nutzen derzeit die Ausstattung von privaten Brauern. Das heißt, dass wir keine großen Bottiche benötigen, sondern lediglich rostfreies Geschirr aus dem Haushalt. In diesem führen wir unsere Experimente durch.“
Sechs weiße Plastikbehälter stehen auf dem Tisch. In ihnen gärt das Bier…
„In fünf der Behälter läuft gerade der Gärprozess eines urzeitlichen Biers, dessen Reste vor einem Jahr nachgewiesen werden konnten und das als ältestes derartiges Erzeugnis in Tschechien gilt. Es ist ein Hirsebier, bei dem die Bitterstoffe vor allem von den verwendeten Kräutern stammen. In jedem der Behälter haben wir die Kräuter in einem anderen Verhältnis miteinander kombiniert“, so Kučera.
Die Reste eines entsprechenden Bieres waren in einem Bronzezuber nachgewiesen worden, der aus dem 9. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung stammt. Archäologen hatten den Zuber in Ostböhmen bei Grabungen gefunden.
Den Trank, der da gerade in den Universitätsräumen entsteht, wollen später Archäobotaniker untersuchen. Aber auch für weitere Disziplinen könnte die Nutzung der Mikrobrauerei interessant sein. Allen voran ist dies die Medizin, wie Lukáš Kučera erläutert:
„Ein Ziel dabei ist, die Wirkung der Inhaltsstoffe von Bier auf die Darmflora zu erforschen. Außerdem beschäftigen wir uns mit dem Bereich Kardiologie. Bei unserer Forschung geht es da um den Einfluss von Bier auf den Blutdruck und alle damit zusammenhängenden Prozesse.“
Laut dem Chemiker ist die eigene Brauerei deswegen von Bedeutung, weil man nur so alle eingesetzten Stoffe selbst unter Kontrolle habe. Schon im zurückliegenden Sommersemester hat die Universität das Studienfach „Chemie des Bieres“ eingeführt und auch einen Kurs dazu angeboten. Kučera hofft, letztlich alle Fachbereiche in die Bierforschung einbinden zu können. Bleibt noch die Frage: Was gärt eigentlich in dem sechsten Plastikbehälter vor sich hin?
„Das ist ein New England IPA. Dieses Getränk werden wir für soziale Experimente beim Teambuilding verwenden... Nein, also in Wirklichkeit geht es vor allem darum festzustellen, ob wir mit unserer Technologie auch ein klassisches Bier trinkbar produzieren können“, sagt der Wissenschaftler.
In nächster Zeit soll die Uni-Brauerei aus dem Büroraum in den Keller des Gebäudes der philosophischen Fakultäten umziehen. Dort bestünden die besten Bedingungen, nämlich wenig veränderliche Temperaturen und gleichbleibende Luftfeuchte, so Lukáš Kučera.