Kritik am Eurostat-Bericht: Wie hoch sind die Energiepreise in Tschechien wirklich?

Das europäische Statistikamt Eurostat hat am Mittwoch einen Bericht veröffentlicht, nach dem zu Ende 2022 die Gaspreise für Privathaushalte in Tschechien am schnellsten von allen EU-Staaten in die Höhe geschossen sind – und zwar um 231 Prozent. Sogleich waren in Tschechien von allen Seiten Dementis zu hören.

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Diese Zahlen stimmten einfach nicht, und die Statistik würde nicht der Realität entsprechen – konstatierte am Mittwochnachmittag Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten). Er reagierte damit auf den neusten Bericht von Eurostat, nach dem Tschechien im vergangenen Jahr einen traurigen Rekord aufgestellt hat. Den Daten zufolge lagen hierzulande die Gaspreise für Privathaushalte im zweiten Halbjahr 2022 um 231 Prozent höher als noch im Vorjahreszeitraum. Eine Kilowattstunde hatte demnach den Wert von 15,73 Eurocent. Kein anderes EU-Land habe so rapide Preissteigerungen erlebt, heißt es in der Analyse.

Das will sich der tschechische Regierungschef näher erläutern lassen…

„Ich werde Vertreter der Energiefirmen, des Energieregulierungsamtes sowie des tschechischen Statistikamtes einladen und mit ihnen darüber reden, wo es zu dem Fehler gekommen ist. Warum sich also die Zahlen derart gestalten, dass sie zweifellos nicht jener Realität entsprechen, wie sie die Menschen in unserem Land erleben.“

Das tschechische Statistikamt (ČSÚ) verteidigte sich sogleich mit dem Hinweis, dass nach internationalen Standards vorgegangen worden sei. Sprecher Jan Cieslar räumte gegenüber dem Tschechischen Rundfunk allerdings ein, dass die Daten der EU-Statistik nicht die Durchschnittspreise für tschechische Verbraucher widerspiegelten. Denn es sei mit den Preistabellen für Neukunden gerechnet worden:

„Die Angaben der absoluten Energiepreise in der Datenbank von Eurostat gehen von den angebotenen Preisen in einem bestimmten Zeitraum aus. Darum können sie nicht mit der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes übereinstimmen.“

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Bei der Entwicklung der Strompreise landete Tschechien mit plus 97 Prozent ebenfalls weit oben, nämlich auf dem zweiten Platz nach Rumänien. Im zweiten Halbjahr 2022 kostete die Kilowattstunde hierzulande Eurostat zufolge knapp über 36 Eurocent. Ähnlich wie Cieslar sieht der Sprecher des tschechischen Energieregulierungsamtes (ERU), Michal Kebort, den Grund für Tschechiens schlechtes Abschneiden darin, dass mit Preislisten für Neukunden gearbeitet wurde. Eurostat würde nämlich keine genauen Vorgaben machen, welche Daten eingereicht werden sollten, so Kebort:

„Der Vergleich kann verzerrt werden durch die Verschiedenheit der Daten, die die einzelnen Länder angeben. Die Methodik von Eurostat ist in diesem Punkt ziemlich vage. Die Analyse für einen bestimmten Zeitraum fällt dann ungünstig aus für jene Staaten, die die sogenannten Akquisepreise für Neukunden melden, denn bestehende Kunden haben niedrigere Preise.“

Die größten Energieversorger Tschechiens, ČEZ und e.on, vermelden dann auch übereinstimmend, dass die große Mehrheit ihrer Kunden wesentlich weniger bezahlen würde, als in der EU-Statistik angegeben. René Neděla, stellvertretender Minister für Industrie und Handel, gibt außerdem zu bedenken, dass die einzelnen Regierungen unterschiedliche Hilfsmaßnahmen umgesetzt hätten:

„In anderen Staaten gab es etwa keine Verbrauchs- oder keine Stromsteuer. Manche haben auch sämtliche Liefergebühren ausgesetzt. Dadurch griffen sie in die Preisbildung ein.“

Im Eurostat-Bericht wird allerdings darauf hingewiesen, dass Regierungshilfen zwar die Preise für die Verbraucher verringerten, dadurch aber die Staatskasse belastet werde. Dank der Zuschüsse würden Energieversorger dann sogar mehr einnehmen, als in den Tabellen angegeben.

Die Analyse zeigt zudem, dass Unternehmen in Tschechien vergangenes Jahr wesentlich geringere Preissteigerungen für Strom und Gas zu verzeichnen hatten als Privathaushalte. Den Daten zufolge handelt es sich teilweise um einen 100-prozentigen Unterschied. Für die meisten anderen EU-Staaten gilt aber genau das Gegenteil: Hier waren vom Preisanstieg eher die Firmen betroffen.

Autoren: Daniela Honigmann , Lucie Pávová
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