Wie die Rechnungen zahlen? Wohnkosten in Tschechien sind 2023 um 20 Prozent gestiegen

Die Wohnkosten sind in Tschechien im vergangenen Jahr deutlich angestiegen. Für viele Menschen wurde es damit zum Problem, die regelmäßigen Rechnungen zu bezahlen.

Mietwohnung oder eigenes Haus – für ihr Domizil mussten die Menschen 2023 spürbar mehr Geld aufbringen als im Jahr zuvor. Das tschechische Statistikamt (ČSÚ) informierte am Donnerstag, dass sich die Kosten im Jahresvergleich um 20 Prozent erhöht hätten. Der Grund dafür seien vor allem die Preissteigerungen bei der Gasversorgung, sagt Simona Měřínská vom ČSÚ:

Simona Měřínská | Foto: ČT24

„Konkret stiegen die Gaspreise um 43,6 Prozent an und die Stromkosten um 26,4 Prozent. Auch die Wasser- und Abwassergebühren wurden spürbar erhöht, nämlich um 12,2 Prozent. Zudem wuchs die Miete an sich im Jahresvergleich an – und zwar um 6,3 Prozent.“

Im Durchschnitt lagen die monatlichen Wohnkosten vergangenes Jahr bei 8300 Kronen (knapp 330 Euro) pro Haushalt. Für Menschen, die zur Miete wohnen, lag die Summe aber noch einmal um knapp die Hälfte höher. Damit fielen die Teuerungen besonders Familien ohne Wohneigentum zur Last.

So zum Beispiel auch für Věra, die mit ihren vier Kindern im westböhmischen Cheb / Eger wohnt. Sie müsse genau auf ihren Stromverbrauch achten, sagt die Mutter. Der monatliche Betrag sei im vergangenen Jahr von den ursprünglichen 3500 Kronen (138 Euro) auf letztlich 9500 Kronen (375 Euro) angehoben worden…

Foto: Ladislav Bába,  Tschechischer Rundfunk

„Danach habe ich den Trockner, die Spülmaschine, den Wasserkocher und den Tiefkühlschrank abgestellt. Wenn ich einkaufen gehe, sind 3000 Kronen (120 Euro, Anm. d. Red.) weg. Dann habe ich zwar drei Taschen voll mit allem Nötigen. Aber bis zum nächsten Monat gibt es dann keinen Einkauf mehr.“

Gerade Familien mit Kindern haben zu kämpfen, weil 2022 die Reallöhne in Tschechien gesunken sind. Laut ČSÚ erhöhten sich die Bruttobezüge damals zwar um durchschnittlich 7,5 Prozent. Die Inflation sorgte aber dafür, dass die Reallöhne um 6,5 Prozent niedriger ausfielen. Filip Pertold vom Wirtschaftsinstitut CERGE-EI erläutert, dass davon vor allem Menschen mit niedriger Schulbildung betroffen seien. Und weiter:

„Im Gegensatz dazu hat sich der Schock auf Seniorenhaushalte, die für gewöhnlich auch ein geringes Einkommen haben, nur am Anfang ausgewirkt. Ein paar Monate später griffen nämlich die Rentenanpassungen, die die höheren Kosten in gewissem Maße ausglichen.“

Illustrationsfoto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

Als weiteren positiven Trend verwies das Statistikamt auf den abnehmenden Anteil jener Menschen, denen eine Einkommensarmut droht. Dazu trug ein Zuschuss von 5000 Kronen (knapp 200 Euro) pro Kind bei, den Familien mit niedrigerem Einkommen vorletztes Jahr in einmaliger Auszahlung vom Staat bekommen haben. 2023 lebten somit knapp zehn Prozent der Menschen in Tschechien an der Armutsgrenze. Simona Měřínská ordnet diese Zahl in den europäischen Vergleich ein:

„Tschechien bewegt sich seit langem an der Untergrenze, was die Bedrohung durch Einkommensarmut angeht. Weitere Staaten, in denen dieses Risiko gering ist, sind Ungarn und Norwegen. Im Gegensatz dazu sind Bulgarien, Estland, Lettland und Rumänien die Länder mit dem höchsten Bedrohungsniveau.“

Dennoch nahm im vergangenen Jahr die Zahl jener Privathaushalte um 1,5 Prozent zu, die sogenannte materielle Mängel verzeichnen. Das heißt, dass sie sich mindestens fünf von insgesamt 13 ausgewählten Kostenpunkten nicht leisten können. Dazu gehören etwa neue Möbel, ein einwöchiger Urlaub oder eine warme Heizung.

Autoren: Daniela Honigmann , Anna Müllerová , Andrea Štromajerová | Quelle: Český rozhlas
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