Konzert und Glockengeläut als Appel gegen Russlands Aggressionskrieg

Am Sonntagabend wird in Prag das Andenken der Opfer von Kriegen geehrt – mit dem Geläut von rund 100 Kirchenglocken und anschließend mit einem Konzert auf der Prager Burg. Aufgeführt wird das „War Requiem“ von Benjamin Britten. Martina Schneibergová hat mit den Veranstaltern gesprochen.

Marek Vrabec | Foto: Prague Sounds

Am Sonntag um 18 Uhr werden die Kirchenglocken in Prag zehn Minuten lang zum Andenken an die Kriegsopfer läuten. Zwei Stunden später beginnt im Vladislav-Saal auf der Prager Burg ein Konzert, bei dem Benjamin Brittens „War Requiem“ erklingt. Die Veranstaltung ist den Initiatoren zufolge ein Appell gegen den Aggressionskrieg, den Russland gegen die Ukraine entfesselt hat. Auf die Idee zu der Aktion kam Marek Vrabec. Er ist der Direktor des Musikfestivals Prague Sounds. In den letzten vier Jahren habe er immer im September ein Sonderkonzert in Prag veranstaltet, sagte er gegenüber Radio Prag International:

„Als es nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahl im Januar schien, dass sie gut ausfallen könnte, fing ich an, über die Aufführung von Brittens ,War Requiem‘ im Vladislav-Saal zu verhandeln. In einer Zeit, in der Russland einen Aggressionskrieg gegen die Ukraine führt, möchten wir damit einen Friedensappell an Europa zum Ausdruck bringen. Denn das Konzert wird nicht nur vom Tschechischen Fernsehen, sondern auch vom Sender Arte ausgestrahlt.“

Marek Vrabec erinnert daran, dass Glockengeläut schon immer mit bedeutenden Ereignissen verbunden war. Das Läuten kündigte das Kriegsende an, diente aber auch zum Beweinen der Gefallenen. In einer Zeit, in der tagtäglich von mehreren Hundert Opfern des russischen Kriegs berichtet wird, regt das Glockengeläut laut Vrabec zum Nachdenken und zum Gebet für die Kriegsopfer an. Der Glockenklang rahme das bevorstehende Konzert ein, so der Veranstalter:

„Um 18 Uhr werden an vielen Orten in Prag die Kriegsopfer ausgeläutet. Unmittelbar vor dem Konzert wird noch die Glocke ,Johannes der Täufer‘ im Veitsdom zu hören sein. Nach dem Konzert, wenn die Zuschauer aus dem Saal gehen, erklingt eine weitere Glocke des Doms. Benjamin Britten wünschte sich angeblich keinen Beifall nach der Komposition. Das wird nach unserem Konzert vermutlich nicht eingehalten, weil wir allen Mitwirkenden danken wollen. Aber das Glockengeläut passt meiner Meinung nach gut dazu.“

PKF — Prague Philharmonia | Foto: Prague Philharmonia

Gleich mehrere Orchester schlossen sich zusammen, um Brittens Werk aufzuführen. Neben Mitgliedern der Prager Philharmonie und des Orchesters PKF Prague Philharmonia sind auch Musiker vom Kyiv Symphony Orchestra mit dabei. Marek Vrabec und sein Team knüpfen an die Arbeit aller Mitwirkenden an, die Brittens Werk bereits im Februar dieses Jahres im Prager Rudolfinum aufführten. Auch damals stand das Konzert im Zeichen der Unterstützung für die Ukraine und der Sehnsucht nach dem Ende der Kriegsleiden.

Kyiv Symphony Orchestra | Foto: Prague Sounds

„Die Form und die Stärke des Werks inspirierte mich damals dazu, mich zu bemühen, dass die Komposition an einem ganz speziellen Ort – im Vladislav-Saal – aufgeführt wird. Es gibt hierzulande keine andere Räumlichkeit, die schon so lange für verschiedene Zeremonien genutzt wird.“

Lukáš Vasilek | Foto: Petra Hajská,  Prague Sounds

An der Zusammenarbeit und dem Zusammenspiel der Mitglieder verschiedener Orchester ist laut Vrabec zu erkennen, dass die Musiker schon zuvor zusammen spielten. Nun werden sie unter der Leitung von Lukáš Vasilek spielen. Solisten sind die deutsche Sopranistin Susanne Bernhard, der US-amerikanische Tenor Kyle van Schoonhoven und der schwedische Bariton Arvid Fagerfjäll. Es wirken der Prager Philharmonische Chor und der Prager Kinderchor Radost mit. Marek Vrabec räumt dabei ein, dass er das Konzert ursprünglich im Prager Veitsdom veranstalten wollte:

Kyle van Schoonhoven | Foto: Prague Sounds

„Ich habe die Idee mit Dirigent Vasilek konsultiert, aber er riet mir davon ab. Britten schrieb das Requiem ursprünglich für die wiederaufgebaute Kathedrale in Coventry. Die akustischen Bedingungen im Veitsdom sind aber nicht die besten. Da eignet sich der Vladislav-Saal für die Aufführung eines Werks mit so vielen Mitwirkenden schon besser.“

Das Konzert im Vladislav-Saal fängt am Sonntag um 20 Uhr an. Die Karten sind den Veranstaltern zufolge ausverkauft. Interessierten wird jedoch empfohlen, sich auf der Webseite www.praguesounds.cz zu informieren, ob es kurz vor dem Konzert nicht doch noch einige Karten geben wird.

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