Vergessene Krankheit auf dem Vormarsch: Keuchhusten breitet sich in Tschechien aus

Die Zahl der Keuchhusten-Patienten nimmt in Tschechien rasant zu. Seit Anfang dieses Jahres wurden hierzulande bereits 1666 Fälle gemeldet. Das sind mehr als in den zurückliegenden vier Jahren zusammen.

Keuchhusten ist eine hochansteckende Erkrankung, die durch Tröpfcheninfektion übertragen wird. Begleitetet wird sie von anfallsartigem Husten und oft auch hohem Fieber, sie kann über mehrere Wochen verlaufen.

Experten sehen mehrere Gründe, warum die Keuchhusten-Infektionen momentan derart in die Höhe schnellen. Laut Zuzana Blechová von der Klinik für Infektionskrankheiten des Krankenhauses Na Bulovce in Prag haben die Anti-Corona-Maßnahmen der vergangenen Jahre die derzeitige Krankheitswelle in Europa aufgehalten:

„Aus epidemiologischer Sicht handelt es sich nun um eine zu erwartende Entwicklung. Der Keuchhusten kommt in der Regel zyklisch vor. Der letzte Anstieg der Fälle wurde in der Corona-Zeit erwartet, damals erfolgte er aber nicht. Und im vergangenen Jahr wurden dann hohe Erkrankungszahlen auch in vielen Ländern Westeuropas gemeldet.“

Eigentlich sollte jeder hierzulande durch eine Impfung vor Keuchhusten geschützt sein. Gegen die Infektion wird in Tschechien seit 1958 geimpft, und zwar verpflichtend. Die Immunisierung erfolgt durch vier Dosen. Die erste Dosis wird Neugeborenen im Alter von neun Wochen verabreicht, es folgt eine zweite Dosis nach vier Monaten und eine dritte nach dem ersten Geburtstag. Im Alter von etwa zehn Jahren wird die Impfung aufgefrischt. Aktuell lehnen etwa zehn Prozent der Eltern hierzulande die Impfung ab, so dass die entsprechende Impflücke als einer der Gründe für die aktuell steigenden Infektionszahlen gilt.

Peter Šebo | Foto: Archiv von Peter Šebo

Der Mikrobiologe Peter Šebo von der Akademie der Wissenschaften sieht die Hauptursache für die Ausbreitung des Keuchhustens darin, dass heute Kinder heranwüchsen, die mit neuen Impfstoffen geimpft wurden. Diese würden innerhalb Europas genutzt, weil sie weniger Nebenwirkungen hätten, seien aber auch weniger wirksam als die früheren Pertussis-Vakzine. Dieser Sicht stimmt auch Kateřina Fabiánová vom Staatlichen Gesundheitsinstitut zu:

„Wir impfen hier mit Impfstoffen, die sicher und wirksam sind, aber ihr Schutz ist wirklich kurzlebig.“

Die meisten Fälle und die höchste Inzidenz der Krankheit besteht hierzulande derzeit in der Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen. Zuzana Blechová:

„Drei bis fünf Jahre nach der Impfung kann der Antikörperspiegel sinken, und man kann erkranken. Es gibt bei Keuchhusten aber auch weitere Faktoren. Zum Beispiel passen sich die Mikroben den Impfstoffen an. Auch ein geimpfter Mensch kann daher erkranken.“

Am gefährlichsten ist die Erkrankung für Säuglinge. Es kann zu Atempausen, Lungenentzündungen und Hirnschäden kommen. Kateřina Fabiánová ergänzt:

„Die Erkrankung der Kleinsten ist sicherlich ein großes Problem, denn es wurden dieses Jahr bereits 36 Fälle bei Kindern unter einem Jahr gemeldet. Die ideale Vorbeugung für diese Gruppe ist die Impfung von schwangeren Frauen. In Tschechien wird empfohlen, die Impfung gegen das Bakterium einmal im Leben auffrischen zu lassen. Dafür muss allerdings jeder individuell sorgen. Die Patienten können sich zum Beispiel in den Impfzentren auf eigene Kosten impfen lassen.“

Der Ausbruch ist derzeit in Südböhmen und in Mittelböhmen sowie im Kreis Vysočina am stärksten, die wenigsten Fälle gibt es im Kreis Karlovy Vary / Karlsbad.

Autoren: Markéta Kachlíková , Petr Král , Kryštof Šimek | Quelle: Český rozhlas
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