Richard Schleins Auge Gottes kehrt zurück in die Kirche von Kunratice
Mannshoch ist dieses Auge Gottes, das der sächsische Glaskünstler Richard Schlein vor 150 Jahren für die Kirche im nordböhmischen Kunratice u Cvikova / Kunnersdorf bei Zwickau geschaffen hat. Im vergangenen Jahr wurde das Original wiedergefunden, nun ist es mit samt einer Kopie an seinen Bestimmungort zurückgekehrt.
Das Kunstwerk ist oval und hat etwa zwei Meter Durchmesser. Am Rand befinden sich Pflanzenmotive und in der Mitte in einem Dreieck das allsehende Auge Gottes, umgeben von Sonnenstrahlen.
„Das ursprüngliche Glasfenster stammt vom sächsischen Meister des 19. Jahrhunderts Richard Schlein. Seine Hauptfirma saß in Zittau, aber er hatte Tochterunternehmen in Prag und vor allem in Hrádek nad Nisou“, erläutert David Sobotka, Manager der Glashütte Pačinek Glass in Kunratice u Cvikova.
Das Glasfenster gehört zur dortigen Kirche zur Erhöhung des Heiligen Kreuzes, die von Sobotkas Firma in den vergangenen Jahren zu einer sogenannten „Kristallkirche“ mit vielen Glasobjekten umgestaltet wurde. Das Fenster befand sich früher über dem Altar. In den 1980er Jahren verschwand es jedoch auf mysteriöse Weise.
Vergangenes Jahr aber wurde das Kunstwerk bei Restaurierungsarbeiten wiedergefunden. Es war hinter dem Altar eingemauert. Pfarrer Rudolf Repka sagt:
„Meine Vermutung geht dahin, dass der damalige Pfarrer das Fenster einmauern ließ, um es vor dem Vandalismus des kommunistischen Regimes zu retten.“
Allerdings hat das Original in den Jahrzehnten in der Mauer starke Schäden erlitten. Es ließ sich nicht mehr vollständig restaurieren. Deswegen hat der Restaurator Zdeněk Kudláček eine getreue Kopie angefertigt. Er ist Eigentümer der Glasfirma Kolektiv Ateliers in Nový Bor / Haida.
„Auf Grundlage des Originalfensters haben wir eine sogenannte Frottage erstellt. Das heißt das Fenster wurde in einem Verfahren abgedruckt, wie man als Kind früher ein Geldstück mit einem Bleistift kopiert hat. So sind Schablonen aus Papier entstanden. Die haben wir auseinandergeschnitten, um den Platz für das Bleigitter zu schaffen, in das später das Glas eingefügt wird. Mit den Schablonen kann das neu hergestellte farbige Glas auf den Millimeter genau geschnitten werden. Danach wird es bemalt und in das Gitter eingefügt. Zuletzt übergießt man das Werk von beiden Seiten mit Zinn“, sagt Kudláček.
Die Kosten für die Kopie lagen bei 200.000 tschechischen Kronen (8000 Euro). Sieben Geldgeber fanden sich dafür, einer war Kudláček selbst.
Das Original mit seinen Schäden ist aber ebenfalls in der Kirche zu sehen, und zwar in einer Vitrine. Das neue Fenster und das alte wurden von Bischof Stanislav Přibyl aus Litoměřice / Leitmeritz geweiht.