„Belästigung gehört nicht in den ÖPNV“: Neue Plakatkampagne in Prag
Unerwünschte Berührungen, gaffende Blicke, anzügliche Kommentare – so äußert sich sexuelle Belästigung im öffentlichen Personennahverkehr. Eine neue Kampagne in Prag weist nun auf das Problem hin und fordert Mitreisende auf einzuschreiten.
Initiiert wurde die neue Kampagne gegen sexuelle Belästigung in öffentlichen Verkehrsmitteln von den Prager Verkehrsbetrieben und der NGO Konsent. 150 Plakate wurden in der tschechischen Hauptstadt an den Stationen von Bussen, Trams und der Metro sowie in den einzelnen Fahrzeugen angebracht. Zdeněk Hřib (Piraten) ist stellvertretender Oberbürgermeister und im Prager Magistrat für die Verkehrsagenda verantwortlich. Bei der Vorstellung der Kampagne sagte er vergangene Woche, dass die Initiative auch auf Statistiken des Referats für Gleichstellung des tschechischen Regierungsamtes reagiere:
„Demnach hat rund ein Drittel aller Frauen schon einmal Erfahrungen mit sexueller Belästigung im öffentlichen Personennahverkehr gemacht. Tatsächlich trifft das auch auf jeden zehnten Mann zu. Ein Drittel aller Menschen gibt zudem an, einmal Zeuge davon gewesen zu sein, aber nicht gewusst zu haben, wie man reagieren soll.“
Genau da setzt die Kampagne an und animiert Reisende einzuschreiten, wenn sie im ÖPNV Zeugen sexueller Belästigung werden. Die Plakate sind deshalb mit klaren Grafiken versehen: Ein Mann spreizt etwa auf einem Sitz seine Beine aus und berührt die Schenkel einer Frau neben ihm. Auf einer anderen Darstellung berührt eine Hand an einem Haltegriff eine andere. Mit prägnanten Sprüchen wird zudem in Worte gefasst, was alles als Grenzüberschreitung zu verstehen ist. „Ungewünschte Berührungen sind Belästigung“ heißt es da, oder auch „Gaffen ist Belästigung.“ Anna Hrabková hat die Plakate entworfen und schildert:
„Ich wollte ein einfaches Design mit dem Fokus auf den Text, der die Botschaft in wenigen Worten vermittelt. Denn das bleibt bei den Leuten am besten hängen.“
Da etwa in der Prager Metro die Züge über mehrere Waggons verfügen, kann der Fahrer oftmals nicht über das Geschehen informiert werden. Also müssen die Mitreisenden einschreiten. Was sollten sie aber unternehmen, wenn sie bemerken, dass jemand bedrängt wird? Johana Nejedlová, die Geschäftsführerin von Konsent, sagte dazu in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Ein Weg ist, direkt auf das Verhalten hinzuweisen und es zu beschreiben. Man kann sich aber auch an die Betroffene wenden und sie fragen, ob alles in Ordnung ist. Es ist ebenso möglich, die Situation unauffällig aufzubrechen, etwa indem man fragt, ob die Straßenbahn zu einer bestimmten Station fährt.“
Wenn das Opfer den Angreifer selbst anspricht, solle es ihn dabei siezen, um Außenstehenden deutlich zu machen, dass man sich nicht kenne, betont Nejedlová weiter. In einigen Fällen sei es aber auch angebracht, einen Notruf abzusetzen, sagt die Expertin:
„Wenn etwa jemand in den öffentlichen Verkehrsmitteln masturbiert, rufen die Leute heute schon oft die Polizei. Die Beamten greifen in solchen Fällen relativ angemessen ein. Ich würde niemandem abraten, sich an die Polizei zu wenden.“
Dass es sich bei derartigen Vorkommnissen nicht um absolute Einzelfälle handelt, zeigt die Statistik: Im vergangenen Vierteljahr hat die Prager Polizei insgesamt drei Fahndungen nach Männern ausgegeben, die in den Straßenbahnen oder der Metro onaniert haben. Die Dunkelziffer dürfte aber weit höher liegen.
Die neuen Plakate in der tschechischen Hauptstadt verfügen übrigens auch über einen QR-Code. Er führt zu einer Website, auf der weitere Informationen zum Thema zu finden sind. Opfer sexueller Belästigung können sich dort zudem anonym austauschen und Tipps zur Bewältigung der Situation untereinander weitergeben.