Im Zeichen von Händel und Müthel: Quinauer Musikfesttage beleben Wallfahrtsort im Erzgebirge
Musiker aus mehreren Ländern, darunter aus Deutschland, Norwegen und der Schweiz, treffen am kommenden Wochenende im kleinen Erzgebirgsort Květnov zusammen. Sie nehmen an den Quinauer Musikfesttagen teil, die in dem einst beliebten Wallfahrtsort veranstaltet werden. Martina Schneibergová hat über das Programm mit der Begründerin des Festivals, der Cembalistin Alena Hönigová, gesprochen.
Frau Hönigová, an diesem Wochenende finden zum fünften Mal die Quinauer Musikfesttage statt. Was steht alles auf dem Programm?
„Dieses Jahr dreht sich alles um Händel. Denn die Orgel, die sich in einem der Festivalorte, nämlich in Blatno (deutsch Platten, Anm. d. Red.) befindet, wurde von einem erzgebirgischen Orgelbauer gebaut. Michaela Siemer hatte einst herausgefunden, dass auch die erste Orgel von Händel, auf der er in Halle spielte, von einem Orgelbauer von dieser Schule stammte. Unsere Orgel in Blatno wurde von dem Dresdener Orgelbauer Christian Wegscheider restauriert. Und er reparierte auch noch eine andere, nämlich die berühmte Orgel in Riga. Auf dem Programm des Festivals stehen zwei Konzerte mit Händels Musik. Das sind einmal Händels Opernarien aus der Glanzzeit in London, also den 1720er Jahren. Und im Gegensatz dazu dann die Marien-Kantaten, also seine Werke zu katholischen Texten aus der Zeit, als er in Italien lebte. Am Sonntag erklingt zudem Musik von Johann Gottfried Müthel. Er war der letzte Schüler von Johann Sebastian Bach und lebte Jahre lang in Riga. Ein spezielles Konzert gibt es außerdem am Samstagmittag – die Matinée fängt um 11.30 Uhr an und ist einem historischen Instrument gewidmet, das Viola d‘amore oder auch Liebesbratsche genannt wird. Für dieses Instrument wurde sehr viel geschrieben, auch in Nordböhmen. Beispielsweise Florian Leopold Gassmann aus Brüx hat dafür komponiert. Aber auch die Ordensbrüder aus dem Kloster Osek (deutsch Ossegg, Anm. d. Red.) schrieben viele Kompositionen für dieses Musikinstrument. Musik wurde in Osek sehr gepflegt.“
Wir nennen die bevorstehenden Musikfesttage „Květnovské hudební slavnosti“. Wo liegt der Ort Květnov, zu Deutsch Quinau?
„Květnov, deutsch Quinau, liegt im Erzgebirge in der Nähe von Komotau und ist Teil des Dorfes Blatno, deutsch Platten.“
Wie sind Sie vor einigen Jahren auf die Idee gekommen, gerade an diesem Ort ein Musikfest zu veranstalten?
„Es war eigentlich nicht meine Idee. Das Ehepaar Tolar, das eben in dieser Gegend wohnt, hat regelmäßig unsere Konzerte in Jezeří (auf Deutsch Eisenberg) besucht. Als das dortige Festival endete, haben sie mich angesprochen. Sie erzählten, dass sie eine wunderbare Bürgermeisterin hätten und dass so etwas auch bei ihnen stattfinden könnte. Ich war am Anfang skeptisch. Aber als ich sie traf und wir ganz konkret über unsere Pläne sprachen, wollten wir es probieren. Und jetzt findet das Musikfest zum fünften Mal statt. Ich muss sagen, es ist wirklich so eine schöne Ecke, total unberührte Natur, Wiesen und Wälder, und die Leute sind dort besonders nett und haben wirklich Interesse an der Musik. Ich bin sehr dankbar, denn es ist ein besonderer Ort.“
Finden die Konzerte an einem einzigen Ort statt?
„Angefangen haben wir eben in Quinau. Da steht eine Wallfahrtskirche verlassen im Wald, es ist dort ganz magisch. Und später haben wir begonnen, auch in der Kirche in Blatno einige Konzerte zu veranstalten. Die Kirche des Heiligen Erzengel Michael gehört dem Dorf und ist langsam zum Zentrum des Festivals geworden. Inzwischen wurde die ursprüngliche Orgel aus dieser Kirche in Blatno gefunden. Es ist wirklich unglaublich: Die Orgel, die Ende des 18. Jahrhunderts gebaut wurde, wurde vor kurzem in Dresden gefunden und ist nun schon zurück in Tschechien. Sie wurde gekauft, muss aber noch restauriert werden, ebenso wie die Kirche. Gerade laufen die Restaurierungsarbeiten an der Fassade. Deshalb haben wir uns also schließlich entschieden, alle Konzerte in Quinau zu veranstalten. Das ist jetzt eine Änderung, aber zum Glück sind die Kirchen nicht weit voneinander entfernt. Ich freue mich auf die neue Fassade der Kirche in Blatno. Sie hat eine wunderbare Akustik, und zudem ist die Kirche wirklich ein Kommunitätszentrum. In Quinau ist die Atmosphäre so christlich und magisch. Dadurch haben wir zwei Orte, an denen man verschiedenes Repertoire aufführen kann.“
Wer sind die Teilnehmer, also die Musiker, die nach Quinau kommen? Zum ersten Mal ist ein norwegisches Ensemble dabei. Auch die Batzdorfer Hofkapelle wird nicht fehlen, die schon zuvor an den Musikfesttagen teilgenommen hat. Können Sie die Musiker vorstellen?
„Die Batzdorfer Hofkapelle ist unser langfristiger Partner. Sie macht interessante Programme, wirklich immer etwas Spezielles aus der alten Musik, sodass ich mich jedes Jahr auf die Konzerte freue. Die Batzdorfer sind bei uns sehr beliebt, und ich freue mich dieses Jahr auf die vier Marien-Kantaten von Händel, die sie spielen werden. Dann kommt ein Ensemble, das auch schon einmal bei uns gespielt hat: das Kesselberg Ensemble. Es hat seinen Sitz in Basel in der Schweiz und wird geleitet von einer lettischen Cellistin, Ilse Grudule. Und dieses Jahr haben sie eine wunderbare Besetzung und spielen diese virtuosen Sachen von Müthel. Dabei sind zum Beispiel die Cembalistin Ieva Saliete oder der Geiger Pablo Valetti. Neu dabei ist dieses Jahr das norwegische Ensemble Nivalis Barokk, das beim Eröffnungskonzert spielt. Es ist ein Barockorchester, und die Mitglieder kommen aus verschiedenen Ländern. Es wird von der Sopranistin Guro Evensen und dem Oboisten Jon Fredrik Hjemli geleitet. Ich bin ihnen mehrmal bei wirklich großen Projekten begegnet. Diesmal spielt das Ensemble in einer kleineren Besetzung, aber mit dem Countertenor Alex Potter. Er ist ein Star der internationalen Musikszene. Bei der Matinée treten Daniela Braun und Sarah Flögel auf. Daniela ist eine Forscherin und eine der wenigen Menschen, die heutzutage die Viola d‘amore virtuos spielen können. Das ist technisch sehr aufwendig und das Instrument hat tolle Möglichkeiten. Normalerweise kommt es einmal pro Jahr bei der Passion zum Einsatz. Nicht alle Spieler schaffen es, dieses Instrument wirklich auszunutzen. Aber Daniela kann das. Also ich denke, dieses Jahrist es wirklich gelungen, eine attraktive Besetzung zu engagieren.“
Wie war das Interesse an den Musikfesttagen in den vergangenen Jahren?
„Die Konzerte waren eigentlich von Anfang gut besucht. Zu der Matinée am Samstag kommen immer ein bisschen weniger Leute, weil zwei Konzerte an einem Tag stattfinden. Aber sonst ist es erstaunlich, wie gut besucht das Festival bisher war, denn wir hatten immer schlechtes Wetter. Ich hoffe, dass wir diesmal wirklich schönes Wetter haben werden, und dann könnte dir Kirche wirklich voll sein.“
Gibt es Eintrittskarten, oder ist der Eintritt frei?
„Der Eintritt ist frei. Es gibt jedoch immer eine Kollekte. Das Musikfest wird von der Gemeinde Blatno organisiert. Hauptsächlich kommen natürlich Leute, die dort wohnen. Wir freuen uns auch immer wieder über Besucher aus anderen Regionen Tschechiens. Dieses Jahr werden wahrscheinlich auch Besucher von der deutschen Seite des Erzgebirges dabei sein, weil wir dort eine Partnerschaft geschlossen haben. Ich freue mich also. Und jeder kann hinkommen, einfach ohne sich vorher zu melden. Die Kirchen sind ziemlich groß, und ich hoffe, dass wir jeden unterbringen können.“
Die Quinauer Musikfesttage finden vom 30. August bis 1. September im Erzgebirgsort Květnov statt. Mehr über das Festival erfahren Sie hier.