Der tschechische Sport und das Problem von Spiel- und Wettmanipulationen

Seit Dienstag tagen mehrere Dutzend Mitgliedsländer von Interpol in Prag zu einem Thema aus dem Sport. Es geht um Spiel- und Wettmanipulationen. Leider fällt gerade Tschechien in diesem Bereich eine unrühmliche Rolle zu.

Auch eine Elfmeterentscheidung im Fußball kann zu einer Spiel- und Wettmanipulation gehören. Gerade die weltweit beliebteste Sportart ist laut Polizeiinformationen am häufigsten von Korruption dieser Art betroffen. Genauso aber kommt es zum Beispiel zu Manipulationen im Basketball, Tischtennis, Cricket oder im elektronischen Sport.

Über dieses Problem tauschen sich derzeit in Prag die Polizeivertreter aus 46 Staaten gemeinsam mit Interpol aus. Tschechien nimmt im Ranking von Spiel- und Wettmanipulationen den unrühmlichen zweiten Platz weltweit ein. Diese Rangordnung wird von der Firma Sportradar erstellt. Das schweizerische Unternehmen hat ein System zur Erkennung manipulierter Sportwetten entwickelt.

Jiří Mazánek | Foto: Khalil Baalbaki,  Český rozhlas

„Es handelt sich nicht um statistische Daten der Polizei, sondern von einer NGO, die sich sehr professionell mit dem Phänomen beschäftigt. Demnach wurden im vergangenen Jahr die meisten der Spiele, die der Manipulation verdächtig waren, in Brasilien registriert, nämlich 109. Die Tschechische Republik lag mit 67 Fällen auf dem zweiten Platz und die Philippinen mit 65 Fällen auf dem dritten“, sagt Jiří Mazánek. Er leitet die tschechische Polizeizentrale zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens (NCOZ).

Laut Kriminalisten ist für Spiel- und Wettmanipulationen typisch, dass sie fast immer international organisiert sind. Martin Vondrášek, tschechischer Polizeipräsident:

„Unsere Erfahrungen zeigen, dass in einem Land das entsprechende Spiel ausgetragen wird, in einem anderen Land aber die Wetten abgeschlossen werden und in einem dritten der Sitz des Wettbüros ist. Typischerweise findet die Straftat im Online-Bereich statt und ist daher häufig nur schwer zu beweisen.“

Martin Vondrášek | Foto: Agáta Faltová,  Tschechischer Rundfunk

Verdächtige Wetten auf Spiele in tschechischen Ligen kommen den Erkenntnissen zufolge zum Beispiel aus dem asiatischen Raum. Dort brauchen die Wettenden weder ein Bankkonto, noch müssen sie sich bei einem Wettbüro registrieren. Beeinflusst werden meist Spiele in niedrigeren Ligen, die nicht so im Fokus der Öffentlichkeit stehen und zu denen es selten Aufzeichnungen im Internet gibt. Jiří Mazánek:

„Um das Modell zu beschreiben: In asiatischen Ländern werden die Wetten zum Beispiel auf ein Spiel der dritten tschechischen Fußball- oder Basketballliga abgeschlossen. Dabei setzen die Wettenden etwa auf die Ergebnisse und die Ereignisse am Ende der Spielzeit – ob es zum Beispiel in den letzten zehn Minuten einen Abstoß gibt oder eine Ecke. Die dazugehörigen Spielsituationen lassen sich gut manipulieren.“

Dabei sind die einzelnen Wettsummen nicht einmal hoch: mehrere Zehntausend Euro etwa.

Dass Tschechien so beliebt ist, liegt laut Mazánek daran, dass bisher das Phänomen hierzulande nur wenig Beachtung gefunden hat. Es fehle an Prävention, sagt der Chef der Spezialeinheit. Dies wollen die Sportverbände in Tschechien nun ändern, auch die Vertreter von Dachverbänden nehmen an der Konferenz in Prag teil. So sagt der Leiter der Nationalen Sportagentur (NSA), Ondřej Šebek:

Ondřej Šebek | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

„Wir versuchen die Vertreter vor allem der großen Verbände zu schulen, auf deren Spiele gewettet wird. Sie sollten einen Spezialisten für diese Problematik berufen. Er sollte auch den Spielern helfen, die von der Wettmafia kontaktiert und zu Straftaten animiert werden. Denn das kann sie in eine sehr schwierige Lage führen.“

Safeguards heißen diese Spezialisten. Mazánek betont, dass die Mitarbeit der Sportler, aber auch der Vertreter von Vereinen und Verbänden wichtig sei. Nur wenn sie es wagten, jemanden über einen Manipulationsversuch ins Vertrauen zu ziehen und mit der Polizei zusammenzuarbeiten, bestehe Chance auf Erfolg. Nach einem manipulierten Spiel seien Ermittlungen hingegen meist erfolglos, weil dann Aussage gegen Aussage stehe, so Jiří Mazánek.

Autoren: Till Janzer , Lucie Machartová
schlüsselwörter:
abspielen