Renten der Dissidenten aufgestockt – Altersbezüge hoher Funktionäre gekürzt
Bei Hunderten von Menschen, die während des kommunistischen Regimes verfolgt wurden, hat Tschechien nun die Altersbezüge aufgestockt. Gekürzt wurden dagegen die Renten einiger früherer kommunistischer Funktionäre.
Arbeits- und Sozialminister Marian Jurečka (Christdemokraten) hat am Montag auf einer Pressekonferenz eine Bilanz gezogen bei der Aufstockung von Rentenbezügen ehemaliger Dissidenten. Viele der Regimegegner haben nur sehr niedrige Rentenansprüche, weil sie im Gefängnis saßen oder zur Emigration gezwungen wurden. Minister Jurečka betonte:
„Was wir im Rentenbereich gemacht haben, ist eher eine symbolische Geste. Ein vollständiger Ausgleich oder eine absolute Gerechtigkeit sind nach den vielen Jahren unmöglich. Bei rund 430 Menschen wurden die Rentenbezüge so aufgestockt, dass sie nun der Durchschnittsrente entsprechen. Die Altersbezüge der Dissidenten wurden im Schnitt um 4400 Kronen (175 Euro, Anm. d. Red.) monatlich erhöht.“
Der weitere Vorschlag, der in die Tat umgesetzt wurde, betraf eine Kürzung der Rentenbezüge prominenter Kommunisten. Marian Jurečka:
„Ich habe diesen Vorschlag schon als Abgeordneter der Opposition in der vergangenen Legislaturperiode unterbreitet. Es ging um eine Kürzung der Altersbezüge führender Funktionäre des kommunistischen Regimes. Wir waren uns dessen bewusst, dass wir diesen Schritt mit großem zeitlichen Abstand unternehmen. Ich finde es rätselhaft, warum diese Maßnahme nicht schon in den 1990er Jahren getroffen wurde. Uns war bewusst, dass die Kürzung der Rentenbezüge zunächst nur einen engen Kreis an Personen betrifft und ein symbolischer Schritt ist.“
Die tschechische Sozialsicherungsverwaltung hat 177 ehemaligen kommunistischen Funktionären die Altersbezüge gekürzt. Im Schnitt sanken sie um 1473 Kronen (60 Euro) monatlich.
Jurečka zufolge hat das Regierungskabinett vor, die Rentenbezüge noch weiterer Angehöriger der kommunistischen Nomenklatur zu kürzen. Der Minister zählte auf, wen das betreffen soll:
„Die Mitglieder der zentralen Kontrollkommission der kommunistischen Partei, die Leiter der einzelnen Abteilungen des Zentralkomitees der kommunistischen Partei. Die Maßnahme betrifft zudem die Oberbefehlshaber der Volksmilizen auf der Kreis- und der Bezirksebene, die Sekretäre der Kreis- und Bezirksausschüsse der Partei, die für ideologische Fragen und für die Aufsicht über Kirche zuständig waren. Die Kürzung der Rentenbezüge wird sich zudem auf die führenden Mitarbeiter des kommunistischen Geheimdienstes StB sowie auf die Offiziere des Korps für Nationale Sicherheit (SNB) beziehen. Es könnte sich um etwa 2000 bis 2500 Personen handeln.“
Laut Jurečka wird sich die Regierung ab Beginn kommenden Jahres mit dem neuen Entwurf befassen. Die entsprechende Gesetznovelle soll seinen Worten zufolge im September 2025 in Kraft treten.
Bei der Suche nach den notwendigen Unterlagen arbeitet das Ministerium mit dem Institut für das Studium totalitärer Regime (ÚSTR) zusammen. Der Leiter des Instituts, Ladislav Kudrna, sagte auf der Pressekonferenz:
„Es gibt Werte, die mit Geld nicht gemessen werden können. Ich denke, dass es nie zu spät ist, Gerechtigkeit durchzusetzen. Wir dürfen nicht vergessen, dass jedes Übel ein konkretes Antlitz hat.“
Und Minister Jurečka fügte hinzu:
„Ich verstehe es als einen symbolischen Schlusspunkt, der mit 35 Jahren Abstand noch gesetzt werden konnte.“