Österreich ratifiziert Grenzgänger- und Praktikantenabkommen

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Im österreichischen Nationalrat, der unteren Kammer des Parlaments, wurde am Mittwoch das so genannte Grenzgänger- und Praktikantenabkommen mit Tschechien ratifiziert. Zu den Hintergründen dieses bilateralen Vertrages hören Sie mehr von Gerald Schubert:

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Die Erweiterung der EU im Mai 2004 war gewiss ein enorm großer Schritt zur Überwindung der Nachkriegszeit und zur Einigung Europas. Getrübt wurde die Euphorie allerdings durch zahlreiche Übergangsfristen, die manchen Unionsbürgern einige verbriefte Rechte später zugestehen als anderen. Für den meisten Diskussionsstoff sorgte die maximal siebenjährige Frist bis zur vollständigen Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union. Mit dieser wollten die meisten alten EU-Staaten, auch Deutschland und Österreich, ihren Arbeitsmarkt vor dem befürchteten Zustrom von Bürgern aus den neuen Mitgliedsländern schützen.

Durch das so genannte Grenzgänger- und Praktikantenabkommen, das am Mittwoch im österreichischen Nationalrat ratifiziert wurde, ist diese Frist zwar nicht außer Kraft gesetzt, vielen Tschechinnen und Tschechen aber wird der Zugang auf den österreichischen Arbeitsmarkt nun dennoch wesentlich erleichtert. Konkret handelt es sich um Personen, die im vertraglich klar definierten Grenzgebiet ihren ständigen Wohnsitz haben, und täglich nach Österreich zur Arbeit pendeln - wiederum ins Grenzgebiet, versteht sich. Ihnen wird künftig stets für ein Jahr eine Arbeitserlaubnis ausgestellt, und zwar mit Verlängerungsoption und unabhängig von den bereits jetzt geltenden Ausländerquoten. Von der Regelung betroffen sind etwa einige Bezirke Südböhmens. Der Vorsitzende der dortigen Landkreisregierung, Jan Zahradník, erklärt:

Michael Haider  (Foto: Autor)
"Den Antrag auf die Erlaubnis, im Grenzgebiet arbeiten zu dürfen, werden die Interessenten hier auf unserem Arbeitsamt stellen können. Das wird für die Menschen eine große Erleichterung sein, denn das Arbeitsamt erledigt den Antrag dann für sie. Aber ehrlich gesagt: Die Leute, die den Willen hatten, in Österreich zu arbeiten, die arbeiten dort ohnehin schon. Das Abkommen wird für sie lediglich eine gewisse Sicherheit und einen leichteren Ablauf der Formalitäten bedeuten."

Was war auf österreichischer Seite ausschlaggebend dafür, Tschechen den Zugang auf den österreichischen Arbeitsmarkt zu erleichtern?

"Wir haben schon positive Erfahrungen mit bestehenden Grenzgängerabkommen, beispielsweise mit Ungarn", sagt der Presseattaché der österreichischen Botschaft in Prag, Michael Haider. Haider verweist dabei auch auf das definitive Ende der Übergangsfristen, das allerspätestens im Jahr 2011 ohnehin bevorsteht: "Mit dem Grenzgängerabkommen werden wir sicher auch wertvolle Erfahrungen für die allgemeine Arbeitnehmerfreizügigkeit tschechischer Arbeitskräfte sammeln können."

Das Praktikantenabkommen, das gemeinsam mit dem Grenzgängerabkommen unterzeichnet wurde, soll jungen Menschen aus beiden Ländern den Zugang zu Ausbildungsplätzen jenseits der Grenze erleichtern. Und zwar zur "Erweiterung der beruflichen und sprachlichen Kenntnisse", wie es heißt.

Der Beschluss im Wiener Nationalrat erfolgte übrigens einstimmig. Die Opposition kritisierte lediglich, dass die konservative Regierung so lange mit der Ratifizierung des Vertrages gewartet hat, der bereits vor dreieinhalb Jahren unterschrieben wurde.