Österreichische Außenministerin Ursula Plassnik besuchte Prag

Ursula Plassnik und Cyril Svoboda (Foto: CTK)

Die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik kam am Donnerstag zum ersten Mal seit ihrem Amtsantritt im Oktober nach Prag. Mit ihrem tschechischen Amtskollegen Cyril Svoboda diskutierte sie bilaterale und europapolitische Fragen. Eine dieser Tage aufgekommene Debatte über 238 Sitzmöbel spielte bei dem Treffen lediglich eine untergeordnete Rolle. Gerald Schubert war bei der gemeinsamen Pressekonferenz:

Für Außenministerin Ursula Plassnik war ihr tschechisches Gegenüber Cyril Svoboda längst kein Unbekannter mehr. Und das, obwohl man sie in ihrem neuen Job wohl noch als frischgebacken bezeichnen darf:

"Wir haben einander in den vier Wochen meiner Amtstätigkeit bereits viermal getroffen. Einmal beim Unterzeichnen der gemeinsamen Europäischen Verfassung in Rom, einmal beim Europäischen Rat in Brüssel, und zweimal auf Außenministerebene. Daher ist es mir ein besonderes Vergnügen, heute auch die bilaterale Komponente stärker betonen zu können", sagte Plassnik.

Diese bilaterale Komponente war am Donnerstag unter anderem durch die Frage repräsentiert, wie der Übertritt über die tschechisch-österreichische Grenze künftig einfacher gestaltet werden kann. Minister Cyril Svoboda definiert die Ziele:

"So viele Grenzübergänge wie möglich, Grenzübergänge, die nach Möglichkeit 24 Stunden am Tag geöffnet sind, maximale Durchlässigkeit. Diese Dinge wollen wir erreichen. Die Menschen, die zu beiden Seiten der Grenze leben, haben sich das verdient. Es gibt zum Beispiel Schulen, deren Lehrer sich gegenseitig besuchen, es gibt eine Menge von gemeinsamen Projekten. Die Menschen brauchen durchlässige Grenzen."

Ursula Plassnik und Cyril Svoboda  (Foto: CTK)
In der EU sind bilaterale Beziehungen bekanntlich auch innereuropäische Beziehungen. Und so wurden am Donnerstag auch Fragen diskutiert, die die konkrete gemeinsame Zukunft in der Union betreffen. Etwa die Schaffung einer EU-Kampftruppe aus tschechischen, österreichischen und deutschen Soldaten. Cyril Svoboda:

"Bei dieser zukünftigen Einheit handelt es sich um ein gemeinsames Projekt im Rahmen der Europäischen Verteidigungspolitik. Sie ist ein Teil der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Wann sie gebildet wird, ist noch nicht entschieden. Wichtig ist aber der Wille der beteiligten drei Staaten, eine solche Einheit zusammenzustellen."

Just am Donnerstag übrigens hatte eine große tschechische Tageszeitung auf einen angeblichen Streit um 238 historische Stühle hingewiesen. Die Sitzmöbel waren während des Zweiten Weltkriegs aus Wien in das von den Nazis besetzte so genannte Protektorat Böhmen und Mähren gebracht worden, um sie vor Bombenschäden zu schützen. Was ihre eventuelle Rückgabe betrifft, so gibt es im tschechischen Kabinett offenbar unterschiedliche Ansichten. Svoboda würde diesen Schritt gerne tun, hat einen entsprechenden Vorschlag aber jüngst wieder zurückgezogen. Seine Kollegin Plassnik sagte am Donnerstag in Prag:

"Ich bin zuversichtlich, dass wir auch in der Mobiliarfrage eine adäquate Lösung finden werden."

Einst als brisant geltende Themen wie etwa das südböhmische Kernkraftwerk Temelín sind heute keine diplomatische Belastung mehr. 238 Stühle wohl auch nicht.