Opernfestival: Von Mozart bis zur Gegenwart
Tschechische und slowakische Theater präsentieren alle zwei Jahre bei einem Festival in Prag ihre interessantesten Opernvorstellungen. An diesem Samstag startet die 14. Auflage dieser Festspiele.
„In Prag präsentieren sich während des Festivals alle Opernensembles aus Tschechien und seit 2015 auch aus der Slowakei. Das Ziel ist es, dem Publikum eine Übersicht zu geben über die Produktionen der Musiktheater und jene Projekte, die außerhalb der traditionellen Opernhäuser entstehen.“
Tschechien beherbergt derzeit zehn Operntheater. Die Ensembles aus Liberec / Reichenberg, Plzeň / Pilsen, Opava / Troppau, Ostrava / Ostrau, Olomouc / Olmütz, Brno / Brünn sowie des Prager Nationaltheaters und der Staatsoper stellen sich in den nächsten Tagen und Wochen in Prag vor. Aus der Slowakei kommen zwei Bühnen an die Moldau: aus Banská Bystrica und aus Košice. Dazu sind auch Theaterensembles beim Festival vertreten, die mehrere Musikprojekte außerhalb der Opernhäuser auf die Beine gestellt haben.„Einige dieser Ensembles treten seit 25 Jahren auf – wie beispielsweise das ‚Ensemble Damian‘. Dieses arbeitet mit den beiden Komponisten Tomáš Hanzlík und Vít Zouhar zusammen. Diesmal sind die Komponisten von Monteverdis Oper L’Arianna ausgegangen, von der es nur ein Fragment gibt. Sie haben das Opus im Stil des Barock und des musikalischen Minimalismus vollendet, den sie beide besonders gern haben. Beim Festival wird das Werk im Refektorium des Dominikanerklosters aufgeführt. Im Theater Komedie präsentiert wiederum das Ensemble ‚Opera Diversa‘ ein Werk über die tschechische Schriftstellerin Božena Němcová. Das Opus zeigt die Literatin als emanzipierte Frau, die bis heute anderen Frauen als Beispiel dienen kann.“
Bei den moderneren Werken kommen gleich zwei Stücke des jungen tschechischen Komponisten Lukáš Sommer zur Aufführung. Mit „Časoplet“ hat er eine einzigartige musikalische Zusammenfassung der tschechischen Geschichte geschaffen. Sommer schrieb dieses Werk für das Opernstudio Prag. Seine neueste Oper heißt „Hra o malinu“ (zu Deutsch „Das Spiel um die Himbeere“). Es ist eine absurde Komödie. Das Brünner Ensemble Hausopera wird sie in einer Vorpremiere in der Buchhandlung Řehoř Samsa im Prager Stadtzentrum aufführen.Falstaff, Freischütz, Francesca da Rimini
Mit welchen Produktionen sich die Theaterensembles in Prag vorstellen, hängt nur von ihnen ab, sagt die Festivaldirektorin.
„Wir wollen, dass die Theater die Möglichkeit haben, das zu präsentieren, was sie selbst für wichtig halten. Dabei ist es unerheblich, ob die Inszenierung wegen ihrer Besetzung wichtig ist oder wegen dramaturgischer Besonderheiten. Bei den unabhängigen Ensembles bemühen wir uns, einen möglichst breiten Kreis an Theatergruppen mit Projekten aus den letzten zwei Jahren anzusprechen.“
Auf dem Programm stehen Werke von Mozart bis zur Gegenwart. Darunter seien auch einige der beliebtesten Opern, sagt Šaldová.„Dazu gehören Verdis ‚La traviata‘ und ‚Falstaff‘, Puccinis ‚Turandot‘ sowie Webers ‚Freischütz‘. Zudem bietet das Programm Stücke, die selten oder hierzulande überhaupt zum ersten Mal erklingen. Ich würde insbesondere zwei Einakter von Sergei Rachmaninow empfehlen: ‚Der geizige Ritter‘ und ‚Francesca da Rimini‘. Das Opernensemble aus Liberec hat die beiden Stücke zusammen mit einem erfahrenen Team einstudiert: mit dem Dirigenten Martin Doubravský und der Regisseurin Linda Keprtová. Bei den vergangenen Jahrgängen haben die beiden Künstler mit Massenets ,Thaïs‘ und mit Foersters ,Eva‘ bereits Erfolge gefeiert.“
Auch Kinder kommen bei einer der Vorstellungen auf ihre Kosten. Der Regisseur und Bühnenbildner Tomáš Ondřej Pilař war 25 Jahre alt, als er 2014 zum Opernchef in Pilsen geworden ist. Schon als Kind sei der heutige Intendant vom Märchenbuch „Die Käferchen“ von Jan Karafiát fasziniert gewesen, erzählt die Festivaldirektorin.
„Pilař beauftragte den Komponisten Jan Jirásek damit, das Thema des Buchs musikalisch zu bearbeiten. Die Oper entstand direkt für das Theater in Pilsen, und Pilař hatte Regie.“Über Mangel an Interesse können sich die Festivalveranstalter nicht beklagen. Zum vergangenen Jahrgang im Herbst 2017 kamen rund 9000 Besucher. Šaldová hält dies auch deswegen für eine gute Zahl, weil das Festival damals aus organisatorischen Gründen zu Saisonbeginn veranstaltet wurde. Im September ist ihren Worten nach in Prag das Kulturangebot noch größer als jetzt im Winter. Für den aktuellen Jahrgang freut sich die Direktorin darauf, dass auch die neu eröffnete Staatsoper wieder genutzt werden kann.
„Dort steht zuerst Beethovens ‚Fidelio‘ auf dem Programm. Das Ensemble aus Brünn wird in der Staatsoper zudem eine herrliche Inszenierung von Janáčeks ,Das schlaue Füchslein‘ präsentieren. Auch das Theater aus Banská Bystrica hatte großes Interesse daran, in dem wieder eröffneten Theatergebäude zu spielen. Mit ,La Gioconda‘ von Ponchielli haben sie ein großes romantisches Opus ausgesucht, das gut in dieses Opernhaus passt.“
Viele der Zuschauer kommen regelmäßig zu dem Festival.„Das Publikum findet vermutlich auch eine ganz spezielle Sache attraktiv: Es darf nämlich über die Träger der Festivalpreise mitentscheiden. Nach jeder Vorstellung kann jeder Zuschauer ein kleines Formular ausfüllen, in dem er die Leistungen der Künstler sowie die ganze Inszenierung mit Punkten bewertet.“
Erstmals Podiumsgespräche
Die Opernhäuser denken heutzutage immer auch an ausländische Besucher. In den großen Theatern wie in Brünn werden bei den Opernvorstellungen tschechische und englische Übertitel eingespielt.
„In Liberec zum Beispiel gibt es aber tschechische und deutsche Übertitel bei den Inszenierungen. Denn viele der dortigen Besucher kommen aus Deutschland. Die Theater geben heute auch Programmhefte und andere Unterlagen in Englisch oder Deutsch heraus. Das war in den ersten Festivaljahren noch nicht der Fall.“
Das Musikfestival wird an diesem Samstag (4. Januar) im Prager Nationaltheater eröffnet, und zwar mit Janáčeks Oper „Osud“ (Schicksal). Es handelt sich um eine Inszenierung des Mährisch-Schlesischen Nationaltheaters aus Ostrau. Das Festival geht bis 2. März. Beendet wird es mit Puccinis „Turandot“, und das erneut im Nationaltheater. Für alle Vorstellungen gibt es noch Restkarten.
Vor jeder der Vorstellungen gibt es eine kurze Einführung. Die Intendanten und Regisseure bekommen die Möglichkeit, das Repertoire ihres Theaters und das jeweilige Stück vorzustellen.
„Wir möchten diesmal aber auch das ausprobieren, was in den deutschsprachigen Ländern üblich ist – und zwar ein Publikumsgespräch nach der Vorstellung. Das Treffen mit den Sängerinnen und Sängern sowie den Regisseuren hat den Vorteil, dass die Zuschauer sofort auf die Inszenierung reagieren können. Die Einführungen sind hingegen eher informativ.“