Opernpremiere, Fotos aus Pilsen, Übersetzungswettbewerb: Rutsch ins neue Jahr in München
Eine fotografische Bilanz vom Kulturhauptstadtjahr in Pilsen, ein Übersetzungswettbewerb zur Förderung der Bohemistik-Studien in Deutschland und eine die Weltaufführung einer zeitgenössischen tschechischen Oper in der Bayerischen Staatsoper. Das sind einige der Themen, zu denen sie gleich mehr erfahren. Radio Prag hat mit dem Leiter des Tschechischen Zentrums München Ondřej Černý über das Programm um die Jahreswende gesprochen.
„Frau Concini, das ist wichtig zu sagen, war Stadtschreiberin für das Projekt Pilsen – Europäische Kulturhauptstadt. Die Fotos, die sie gemacht hat, stehen im Zusammenhang zu den Texten, die sie geschrieben hat. Die Themen waren wirklich verschiedenartig. Sie versuchte einerseits Pilsen und seine Umgebung ganz neu zu entdecken und hat Details der Landschaft wie auch der Stadt fotografisch reflektiert. Die zweite Schiene waren Veranstaltungen des Projekts, die sie fotografisch festgehalten hat.“
Wie groß ist die Ausstellung, wie viele Fotos werden bei Ihnen gezeigt?„Es gibt mehr Fotos, doch bei uns werden ungefähr 25 Bilder ausgestellt, das passt genau in unseren Ausstellungsraum. Diese Ausstellung ist eine Wanderausstellung, sie kann an verschiedene Räumlichkeiten angepasst werden. Ich denke, dass sie zum Beispiel im Zentrum Bavaria Bohemia in Schönsee umfangreicher war.“
Die Ausstellung ist bis Ende Januar zu sehen. Am 12. Januar ist auch eine Begleitveranstaltung zur Ausstellung geplant. Worauf können sich die Besucher freuen?
„Wir wollen eine Bilanz des Projektes ‚Pilsen – europäische Kulturhauptstadt‘ ziehen.“
„Die Besucher können sich auf ein persönliches Treffen mit Frau Concini freuen. Außerdem wollen wir bei dieser Gelegenheit auch eine Bilanz des Projektes ‚Pilsen – europäische Kulturhauptstadt‘ ziehen. Ich hoffe, dass der Kulturbürgermeister der Stadt Pilsen kommt, bestimmt kommt auch der Programmdirektor. Wir werden nicht nur über die Vergangenheit und darüber sprechen, was es in Pilsen im Jahr 2015 geboten war. Genauso wichtig ist uns die Zukunft. Also: was nach diesem Projekt kommt und wie sich das Kulturhauptstadtjahr in der Realität der bayerisch-tschechischen Beziehungen, insbesondere der Kulturbeziehungen niederschlagen wird.“
Die tschechisch-deutschen und insbesondere tschechisch-bayerischen Kulturkontakte waren ein wichtiger Punkt des gesamten Kulturhauptstadtjahres. Daher ist es sicher auch ein wichtiges Thema für eine Debatte im Kulturzentrum München. Ein besonderer Punkt im Programm ist keine Veranstaltung, zu der man Besucher einladen könnte, sondern ein Übersetzungswettbewerb. Er wird von den Tschechischen Zentren und von der Literatursektion des Prager Instituts der Künste – Theaterinstitut ausgeschrieben. Für wen ist der Wettbewerb bestimmt?
„Dieser Übersetzungswettbewerb ist eine der Möglichkeiten, um die Bohemistik zu stärken und zu fördern.“
„Ich möchte am Anfang sagen, dass das Ziel des Wettbewerbs im Allgemeinen ist, die Bohemistik zu stärken. Nicht nur in den deutschsprachigen Ländern, sondern in ganz Europa herrscht derzeit eine Krise der Bohemistik, die Universitäten nehmen das Fach aus ihrem Angebot. Man muss verschiedene Wege suchen, um die Bohemistik zu stärken und zu fördern. Dieser Übersetzungswettbewerb ist eine der Möglichkeiten, um in diesem Sinne zu helfen. Der Wettbewerb richtet sich an Übersetzer im Alter von bis zu 40 Jahren. Von der Zentrale der Tschechischen Zentren und dem Institut der Künste – Theaterinstitut wurde ein Text ausgesucht, und zwar ein Prosa-Debüt von Anna Bolavá. Er heißt ‚Do tmy‘, also auf Deutsch ‚In die Dunkelheit‘. Die Übersetzer sollen 15 Seiten von diesem Text übersetzten, und mit dieser Übersetzung gehen sie in den Wettbewerb.“
Was erwartet den Gewinner?„Der Gewinner kann sich auf einen mehrtägigen Besuch der Tschechischen Republik vorbereiten. Dieser wird verbunden mit der Teilnahme an einem Bohemistik-Seminar, in dessen Rahmen eine Übersetzer-Werkstatt stattfindet. Wir werden den Übersetzer oder die Übersetzerin uns seine oder ihre Übersetzung im Tschechischen Zentrum in München und auch in Berlin präsentieren – weil wir den Wettbewerb zusammen mit dem Zentrum in Berlin machen.“
Der Einsendeschluss ist am 31. Januar 2016. Nähere Informationen finden sich auf der Webseite des Tschechischen Zentrums. Ebenfalls am letzten Tag im Januar kommt es an der Bayerischen Staatsoper zu einer Uraufführung. In München wurde die neue Oper des tschechischen Komponisten Miroslav Srnka einstudiert. Worum geht es bei dem Werk?
„Ich muss betonen, das dies wirklich ein Ereignis sein wird: die Uraufführung eines Werkes von einem zeitgenössischen tschechischen Komponisten in der Bayerischen Staatsoper unter der musikalischen Leitung von Kyrill Petrenko.“
„Ich muss betonen, das dies wirklich ein Ereignis sein wird: die Uraufführung eines Werkes von einem zeitgenössischen tschechischen Komponisten in der Bayerischen Staatsoper unter der musikalischen Leitung von Kyrill Petrenko. Er ist der jetzige Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper und künftige Chef der Berliner Philharmoniker – man kann kaum einen besseren Mann für die musikalische Leitung haben. Inszeniert wird die Aufführung von Regisseur Hans Neuenfels. Er ist wiederum ein Mann, der die Opernregien in der deutschsprachigen Theaterwelt geprägt hat. Und die Besetzung: Robert Scott wird von Rolando Villazon und Roald Amundsen von Thomas Hampson gesungen. Diese Opernsänger sind wirkliche Weltstars. Man kann sich nur freuen, dass Miroslav Srnka so eine Möglichkeit bekommen hat. Und es ist natürlich auch ein Beweis, dass die Bayerische Staatsoper Miroslav Srnka und seine Oper sehr schätzt. Die Oper heißt ‚Southpole‘.“
Wovon erzählt die Oper?
„Es geht um das Wettrennen an den Südpol, das wohl jeder aus der Literatur kennt: Zwei Männer, der Brite Scott und der Norweger Amundsen, wollen jeweils der Erste sein. Daraus gestaltet sich das Hauptthema der Oper. Srnka selbst spricht von einer Doppeloper. Ich zitiere: ‚Wir nennen es Doppeloper, weil wir diese beiden Forscherteams zeigen, die nur über Telegrame und einige zurückgelassene Objekte miteinander kommunizieren, sich aber nie treffen. Dabei denken sie immer: Wo ist das andere Team gerade? In diesem Sinne laufen tatsächlich zwei Opern parallel, und das Publikum kann verfolgen, wie die unterschiedlichen Entscheidungen der Teams zu unterschiedlichem Erfolg der beiden Expeditionen führen‘. Wichtig ist außerdem, dass die Bayerische Staatsoper ein umfangreiches Begleitprogramm vorbereitet. Dazu gehören Debatten und Diskussionen, die sich etwa mit der Erforschung der Antarktis, mit der Vermessung der Atmosphäre, mit dem Meereseis im Erdsystem befassen. Und die zweite Sache sind die Konzerte mit Kammermusik von Miroslav Srnka. Dadurch wird Srnkas Werk als Ganzes hier in München vorgestellt.“Mit den genannten Veranstaltungen sind wir eigentlich schon ins neue Jahr gerutscht. Am 3. Februar wird im Arena-Filmtheater in München der Dokumentarfilm „Tiefe Kontraste“ von Lenka Ovčáčková gezeigt. Mit welchem Thema beschäftigt sich der Film, was sind diese tiefen Kontraste?„Es geht um die Vielfalt an Lebensbildern im Böhmerwald. Durch zahlreiche Aussagen deutscher, tschechischer und österreichischer Grenzbewohner wird die Kulturlandschaft des Böhmerwalds in ihrer ganzen Breite erfasst. Der sehr poetisch gestimmte Film wird ergänzt durch Zitate von Adalbert Stifter, Johannes Urzidil und auch Josef Váchal. Die Regisseurin Lenka Ovčáčková beschäftigt sich in ihrem Schaffen ziemlich intensiv mit dem Thema. Daneben setzt sich der Film schwerpunktmäßig aber auch mit dem Thema Vertreibung auseinander.“
Ich möchte unser Gespräch mit einem groß angelegten künstlerischen Projekt von Patrik Hábl abschließen. Es soll im Kloster Speinshart realisiert werden, und zwar ab dem 5. Februar, das heißt ab Beginn der Fastenzeit. Was hat der Künstler in Speinshart vor?„Dies ist ein einzigartiges Projekt, das vom Tschechischen Zentrum entwickelt wurde. Wir waren vom Anfang an dabei. Wir haben deswegen einen Antrag beim Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds gestellt und jetzt zum Glück eine positive Antwort bekommen, dass das Projekt unterstützt wird. Dafür sind wir sehr dankbar. Es ist eine ambitionierte künstlerische Intervention. In der Nepomuk-Kapelle im Kloster Speinnshart wird ein Altarbild verhüllt, mit einem von Patrik Hábl gestalteten Fastentuch. In der 50-tägigen Osterzeit soll ein „Ostertuch“ von 14 auf 9 Metern Größe den gesamten Altarraum der Speinsharter Pfarr- und Klosterkirche verhängen. Man will eine spannende Symbiose alter und moderner Kunst im barocken Sakralbau erzeugen.“