Osteuropa bleibt spannendes Forschungsgebiet - Rückblick auf den 7. Weltkongress der Osteuropaforscher
"Europa - ein gemeinsames Zuhause?" Unter diesem Motto präsentierten und diskutierten vergangene Woche in Berlin rund 1600 Osteuropa-Wissenschaftler aus 50 Ländern sechs Tage lang ihre Forschungsbeiträge. Mehr über den 7. Weltkongress der Osteuropaforschung von Silja Schultheis.
Die Osteuropaforschung hat es gegenwärtig nicht leicht. Vorbei ist die Ära des Ost-West-Konflikts, in der die Wichtigkeit und Dringlichkeit einer gesonderten Beschäftigung mit den politisch geknebelten Ländern Mittel- und Osteuropas unumstritten war. Immer wieder ist der bei mach einem als Orchideen-Disziplin verschrienen Forschungsdomäne in den vergangenen Jahren ein baldiges Ende voraus gesagt worden. Osteuropa-Studiengänge an den Universitäten kämpfen vielerorts in Deutschland ums Überleben. Ein ganz anderes Bild bot sich vergangene Woche in Berlin auf dem 7. Weltkongress der Osteuropaforschung, den die Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO) und der International Council for Central and East European Studies (ICCEES) veranstalten. In rund 400 Einzelveranstaltungen präsentierten 1600 Forscher aus 50 Ländern sechs Tage lang ihre Forschungsbeiträge und zeichneten damit nicht nur ein differenziertes Bild des komplexen Forschungsraums, sondern bewiesen auch die Lebendigkeit ihrer Disziplin. Im Mittelpunkt der Konferenz standen die Integration der zehn neuen Mitgliedstaaten in die Europäische Union sowie die Chancen und Perspektiven des Kontinents 15 Jahre nach dem Systemwechsel in Mittel- und Osteuropa. Angesichts der aktuellen Finanz- und Verfassungskrise der EU wurden auch Antworten auf die Fragen gesucht, inwieweit die Idee eines "gemeinsamen Hauses Europa" bereits realisiert wurde, was die neuen gemeinsamen Charakteristika und Werte in Europa sind und wo sich neue Unterschiede und Trennlinien zeigen. Für Dr. Jaroslav Kux vom Prager Forschungsinstitut für Arbeit und Soziale Angelegenheit, der auf dem Kongress eine Sektion über Wirtschaftsfragen leitete, steht fest: Osteuropaforschung bleibt trotz so mancher Todgesänge nach wie vor spannend und aktuell:
"Themen wie die Balkanproblematik, die Situation in den ehemaligen Sowjetrepubliken und der Ukraine sowie die Frage, wo Europa endet und wie sein Verhältnis zu Russland aussieht - all dies sind auf jeden Fall nach wie vor äußerst aktuelle und offene Fragen."