Parlament billigt Fahrplan zur Abschaffung der regulierten Mieten

Ein dichtes Programm hat sich das tschechische Abgeordnetenhaus zweieinhalb Monate vor Ablauf der Legislaturperiode nochmals für seine aktuelle Sitzung gesteckt. Thema ist nicht nur die umstrittene Homo-Ehe. Kurz vor den Wahlen erfüllte die Dreiparteienkoalition unter Führung der Sozialdemokraten (CSSD) am Montag mit einer Verdoppelung von Mutterschaftsgeld und Geburtenbeihilfe auch noch familienpolitische Versprechen. Wichtigste und lang erwartete Entscheidung war aber die schrittweise Freigabe der staatlich regulierten Mieten. Was es damit auf sich hat, verrät ihnen Thomas Kirschner.

Auch 16 Jahre nach der Wende finden sich auf dem tschechischen Wohnungsmarkt noch Überbleibsel sozialistischer Strukturen - die staatlich regulierten Mieten. Sie gelten noch für rund eine dreiviertel Million Wohnungen - etwa 20 Prozent des tschechischen Wohnungsbestandes. Vor allem in den dynamischen Zentren des Landes, etwa in Prag und Brünn, betragen die niedrigen, regulierten Mieten inzwischen nur noch einen Bruchteil von dem, was auf dem freien Markt gefordert wird. Eine finanziell gewichtige Ungerechtigkeit gegenüber den verschiedenen Mietern, aber auch gegenüber Hausbesitzern, die mit den Einnahmen aus regulierten Mieten oft nicht einmal ihre eigenen Kosten decken können. Für die Deregulierung, aber gegen das beschlossene Gesetz ist unter anderem die Abgeordnete Zdenka Hornikova. Sie spricht für die oppositionellen wirtschaftsliberalen Bürgerdemokraten (ODS), die die Regelungen für unzureichend halten und eine schnellere Freigabe fordern:

"Das einzige, was dieses Gesetz bringt, sind Mietsteigerungen. Ansonsten enthält es Elemente, die das Verfassungsgericht schon mehrfach kritisiert hat und durch die Eigentümer und Mieter ungleich behandelt werden. Man kann erwarten, dass das Verfassungsgericht hier noch seine Anmerkungen macht und sich das Gesetz also als verfassungswidrig herausstellen könnte."

Das Gesetz sieht vor, dass die Mieten in den nächsten vier Jahren nach einem regionalen Schlüssel um bis zu 25 Prozent jährlich angehoben werden; ab 2011 sollen sie dann völlig freigegeben werden. Für den Minister für Regionalentwicklung Radko Martinek ist das Gesetz ein bedeutender Durchbruch:

"Nach jahrelanger Diskussion hat sich das Abgeordnetenhaus jetzt endlich dazu durchgerungen, die Mieten zu deregulieren, und ich bin mir sicher, dass die weitere Entwicklung ganz klar belegt, dass dieses Gesetz nicht nur verfassungskonform ist, sondern dass es in Tschechien vor allem auch normale Bedingungen bei der Deregulierung der Mieten ermöglicht."

Experten erwarten eine Auswirkung der Deregulierung auch auf den freien Wohnungsmarkt: Nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren könnte demzufolge eine Freigabe der regulierten Mieten auch zu sinkenden Preisen auf dem freien Markt führen.