Peking 2008 aus tschechischer Perspektive

Die Entscheidung für Peking als Austragungsort der olympischen Sommer-Spiele 2008 hat bereits im Vorfeld eine Reihe von Protesten hervorgerufen. Vor allem diejenigen Organisationen, die in der Vergangenheit immer wieder gegen die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in China protestiert hatten, sprachen sich gegen die Wahl der chinesischen Metropole aus. Wie in Tschechien auf die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees vom vergangenen Freitag reagiert wurde, berichtet Silja Schultheis.

Die Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees für die chinesische Hauptstadt als Austragungsort der Olympiade 2008, war in den vergangenen Tagen Gegenstand verschiedener Kommentare in der tschechischen Presse.

So titelte die auflagenstärkste Tageszeitung "Mlada Fronta dnes" in ihrer Montagsausgabe: Olympiade - wieder geht es ums Geld. Die Sportnachrichten - so beginnt der Kommentar - seien in letzter Zeit manchmal den Wirtschaftsnachrichten zum Verwechseln ähnlich. Mit Geld ließen sich zwar Wunder bewirken; China werde hingegen kaum etwas dagegen tun können, dass die Athleten sich beim Anblick der Sportgeräte an die geknebelten Menschen in diesem Land erinnert fühlten.

Die renommierte Tageszeitung "Lidove noviny" veröffentlichte in ihrer Samstagsausgabe eine Umfrage zur Entscheidung des IOCs für Peking unter tschechischen Sportlern. Die Weltmeisterin im Dreisprung von 1997, Sarka Kasparkova, äußert sich hier überrascht über die Wahl der chinesischen Hauptstadt. Die gesamte zivilisierte Welt habe sich dagegen ausgesprochen. Sie glaube nicht, dass sich die Situation in China jetzt ändere, und wenn dann - nur "für das Auge".

Unter den Delegierten, die über den Austragungsort der Olympiade von 2008 entschieden haben, war auch der Tscheche Jan Zelezny, dreifacher Olympiasieger im Speerwerfen. Er hatte sich, so Lidove Noviny, ursprünglich klar gegen Peking ausgesprochen, die Argumente Chinas hätten ihn jedoch überzeugt. Außerdem würde sich China, wenn die Olympiade dort nicht stattfände, noch mehr verschließen. Viele Dissidenten und angeblich sogar der Dalai Lama hätten für China plädiert. Wofür er selbst letztlich gestimmt habe, verriet Zelezny nicht.

"Peking oder Olympiaden in totalitären Staaten" - titelt die renommierte Wochenzeitschrift "Respekt" in ihrer neuesten Ausgabe und wirft die Frage auf, ob es sich bei der Entscheidung für die chinesische Hauptstadt um ein Deja vu aus den Jahren 1936 bzw. 1980 handelt, als die Olympischen Spiele im nationalsozialistischen Deutschland bzw. in der Sowjetunion veranstaltet wurden, die wenige Monate zuvor den Krieg gegen Afghanistan begonnen hatte. Die Zeitschrift kommt zu dem Schluss, dass die Olympischen Spiele in Peking etwas anderes seien als die Olympiaden in Berlin und Moskau, dass sie aber nichtsdestoweniger an die letzteren beiden erinnerten. Solle man gegen die geschaffenen Fakten protestieren, fragt der Kommentator? Letztlich hätten die teilnehmenden Sportler individuell zu entscheiden, ob sie an einem Ort, wo Menschenrechtsverletzungen stattfänden, wetteifern wollen. Eine politische Entscheidung könne am ehesten Taiwan treffen. Werde man an den Spielen mit seinem eigenen Team teilnehmen, unter der eigenen Flagge und mit der Aufschrift "Chinesische Republik in Taiwan"? Oder nur als irgendeine namenlose Entität? Oder gar nicht?