Pilotprojekt gescheitert? Von Tschechien ausgeflogene Iraker bleiben in Deutschland

Christen aus dem Nordirak (Foto: ČTK)

Es sollte ein Pilotprojekt sein. Tschechien wollte rund 150 Iraker christlichen Glaubens aufnehmen – und damit testen, wie gut sich Kriegsflüchtlinge in die hiesige Gesellschaft integrieren lassen. Am Wochenende sind jedoch 25 der Iraker nach Deutschland weitergereist. Nun steht das ganze Projekt infrage.

Christen aus dem Nordirak  (Foto: ČTK)
Die 25 Iraker wurden in der Nacht auf Sonntag von der deutschen Polizei aufgegriffen – und zwar in Sachsen kurz hinter der tschechischen Grenze. In einem Kleinbus waren sie auf dem Weg nach Essen. Sie gehören zu insgesamt 150 Christen aus dem Nordirak, die vor der Terrormiliz „Islamischen Staat“ geflohen sind und in Tschechien eine neue Heimat bekommen sollen. 89 sind bereits hierzulande aufgenommen worden.

Während die meisten von ihnen auch tatsächlich in Tschechien um Asyl gebeten haben, taten dies die 25, die nun aufgegriffen wurden, aber nicht. Was geschieht weiter mit ihnen? Noch am Wochenende wollte die Bundesrepublik die Gruppe an die tschechische Polizei zurückgeben. Doch es ist anders gekommen. Dazu erklärte am Montagmittag die Sprecherin der tschechischen Fremdenpolizei, Kateřina Rendlová:

Foto: ČTK
„Alle 25 Iraker haben in Deutschland um Asyl gebeten. Sie haben dies mit familiären Bindungen nach Deutschland begründet. Deswegen hat die tschechische Polizei alle Tätigkeiten eingestellt, um die Iraker wieder zu übernehmen.“

In Tschechien hat der Fall zu teils emotionalen Reaktionen geführt. Innenminister Milan Chovanec teilte bereits am Sonntag mit, die Gruppe habe den guten Willen des tschechischen Staates missbraucht.

Hierzulande gilt die Aufnahme der Iraker als eine Art Testballon, denn in der tschechischen Gesellschaft dominieren Ängste gegenüber Flüchtlingen. Die Aufnahme der 150 Christen aus dem Nordirak wurde von einer kirchlichen Hilfsorganisation vorbereitet, die Regierung in Prag gab Ende vergangenen Jahres ihre Zustimmung. Nun aber haben die Behörden das Projekt erst einmal gestoppt. Und Innenminister Milan Chovanec fühlt sich in seiner prinzipiellen Skepsis bestätigt:

Milan Chovanec  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Als wir darüber diskutiert haben, habe ich von Anfang an auf ein ähnliches Projekt in Polen hingewiesen. Von den 150 Christen aus dem Irak ist nach einem halben Jahr fast niemand mehr in Polen. Ich befürchte, dass unser Projekt ähnlich enden wird. Deswegen schlage ich vor, das Projekt komplett zu stoppen und ersatzlos zu streichen.“

Am Donnerstag trifft sich das Regierungskabinett zum nächsten Mal. Laut Chovanec sollten also die restlichen 61 Iraker gar nicht erst nach Tschechien geholt werden. Jene, die aber schon hier sind und um Asyl gebeten haben, dürfen wohl bleiben. Doch bei der verantwortlichen Organisation Generace 21 sieht man dies anders. Ihr Vertreter Dan Drapál hält es für verfrüht, den Stab zu brechen:

Martin Rozumek  (Foto: ČT24)
„Ich werde persönlich versuchen, noch jemanden aus dem Kabinett zu überzeugen, dass kein endgültiger Stopp ausgesprochen wird. Ich verstehe, wenn das Projekt für eine Zeitlang ausgesetzt wird. Vielleicht gelingt es aber, die anderen Iraker, die bereits hier sind, zu integrieren – so dass sie Arbeit finden und Tschechisch lernen. Dann wäre es schade, das Projekt vollständig abzublasen.“

Martin Rozumek von der Organisation für Flüchtlingshilfe wies am Montag im Tschechischen Rundfunk zudem auf ein Problem des Projektes hin, an dem die Regierung eigentlich Schuld trägt. So wurden die Iraker nicht in das offizielle staatliche Integrationsprogramm aufgenommen. Stattdessen wurde alles der Organisation Generace 21 aufgehalst. Laut Rozumek war das ein unverständlicher Fehler.