Pisa-Studie: Tschechiens Bildung über Durchschnitt, aber von sozialer Ungleichheit geprägt

Tschechische Schülerinnen und Schüler schneiden in der neuen Pisa-Studie zwar schlechter ab als 2018, im internationalen Vergleich liegen sie aber über dem Durchschnitt. Ein großes Problem des Bildungswesens hierzulande sind allerdings soziale Unterschiede, die sich in den Schulleistungen der Kinder extrem stark widerspiegeln.

In den tschechischen Grundschulen steigt die Zahl der Schüler mit sehr schlechten Ergebnissen, und die Zahl der besten Schüler nimmt ab. Dieser bedauerliche Trend im tschechischen Bildungswesen – nämlich die zunehmende Bildungsungleichheit – wurde durch die jüngsten Ergebnisse der internationalen Pisa-Tests bestätigt. Die Ergebnisse wurden am Dienstag vom Bildungsministerium und der tschechischen Schulaufsichtsbehörde vorgestellt.

Tomáš Zatloukal | Foto: Kateřina Cibulka,  Tschechischer Rundfunk

Laut Zentralschulinspektor Tomáš Zatloukal ist es alarmierend, wie stark der Schulerfolg von der sozialen Schicht abhängt, aus der ein Kind stammt:

„Der Einfluss des familiären Umfelds und der Qualität des familiären Umfelds auf die Bildung der Schüler ist wirklich extrem. Dies ist tatsächlich der schwächste Punkt unseres Bildungssystems.“

Idealerweise sollte die Schule als sogenannter sozialer Fahrstuhl dienen. Die Tatsache, dass manche Kinder aus armen Verhältnissen oder dysfunktionalen Familien stammen, sollte sich in ihren Schulleistungen eigentlich nicht widerspiegeln. In Tschechien ist jedoch genau dies der Fall, und die Ungleichheiten werden immer größer:

Mikuláš Bek und Tomáš Zatloukal | Foto: Tschechisches Bildungsministerium

„Bei den Schülern, die ein unterstützendes familiäres Umfeld haben, erzielen wir hervorragende Bildungsergebnisse. Bei vergleichbaren Schülern ohne diese Unterstützung in der Familie ist das Bildungssystem jedoch nicht erfolgreich.“

Zwischen dem Wissensstand der beiden Gruppen klafft eine Lücke von bis zu drei Schuljahren. Diese Kluft hat sich durch die Corona-Pandemie und den monatelangen Fernunterricht noch vergrößert. Bildungsminister Mikuláš Bek (Bürgermeisterpartei Stan) versprach bei der Präsentation der Pisa-Studie, nun dieses Problem verstärkt anzugehen:

„Die Lage angesichts dieses langfristigen Trends verbessert sich nicht. Im Gegenteil, wir entfernen uns von den Zielen, die in der Bildungspolitik in Bezug auf die Überbrückung von sozialen Unterschieden, Barrieren und dem Einfluss des familiären Umfelds deklariert wurden. Eine positive Nachricht ist selbstverständlich, dass Tschechien im internationalen Vergleich nicht schlecht abgeschnitten hat. Es liegt aber zum Teil auch daran, dass einige Länder schlechter als wir dran sind.“

Illustrationsfoto: Václav Pecháček,  Tschechischer Rundfunk

Die achte Pisa-Studie wurde 2022 durchgeführt und hat weltweit die Fähigkeiten der 15-Jährigen getestet. Rund 690.000 Schüler aus 81 Ländern nahmen daran teil. In Tschechien waren etwa 10.000 Schülerinnen und Schüler aus 430 Schulen beteiligt. Der Schwerpunkt lag auf Mathematik, getestet wurden aber auch Kompetenzen in den Naturwissenschaften und beim Lesen. In fast allen Ländern wurden schlechtere Leistungen als 2018 verzeichnet, was zum Teil auf die Corona-Pandemie zurückgeführt wird. Die Jugendlichen in Tschechien schnitten in Mathematik zwar schlechter ab als vier Jahre zuvor, immerhin lagen ihre Leistungen in dem Fach aber über dem OECD-Durchschnitt, ebenso wie bei Lesen und Naturwissenschaften. Sie schnitten in allen Bereichen besser ab, als die 15-Jährigen aus Deutschland, das seinen bisherigen Vorsprung verloren hat.

International die besten Werte weist mit Abstand in allen Testbereichen Singapur auf, es folgen Japan und Südkorea, Europa-Meister ist Estland.

Autoren: Markéta Kachlíková , Eva Mikulka Šelepová
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