Politische Führung Tschechiens erwägt diplomatischen Boykott der Winterspiele in Peking

Olympisches Dorf in Zhangjiakou

Am Montag diskutierten auch die Außenminister der EU über dieses Thema: Sollen europäische Politiker zu den Olympischen Winterspielen in Peking fahren oder nicht? Man fand keine gemeinsame Position. Einige Vertreter der neuen tschechischen Regierung haben jedoch angekündigt, dass man dem diplomatischen Boykott der USA und weiterer englischsprachiger Länder folgen wolle.

Foto: N509FZ,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

Am 4. Februar fällt der Startschuss zu den Olympischen Spielen in Peking. Nach zwölf Jahren gastiert das weltgrößte Sportereignis damit zum zweiten Mal in der chinesischen Hauptstadt. Anders als 2008 ist jedoch die Kritik an den Menschenrechtsverletzungen in der Volksrepublik laut. Dem Regime in Peking wird die Verfolgung der uigurischen Minderheit vorgeworfen, Human Rights Watch und einige westliche Regierungen sprechen von „Völkermord“.

Daher haben sich die USA, Kanada, Australien und Großbritannien zu einem diplomatischen Boykott von Olympia entschlossen. Das heißt, dass die Sportler zwar nach Peking reisen, Politiker aber nicht. China antwortete mit unverhohlenen Drohungen. Der Boykott sei ein Verstoß gegen die „politische Neutralität im Sport“, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums, und die USA würden „den Preis für ihr Fehlverhalten bezahlen“.

Markéta Gregorová | Foto:  Tschechische Piratenpartei,  Flickr,  CC BY-SA 2.0

Auch in Tschechien diskutieren die Politiker, ob man sich Washington anschließen solle. Der designierte Außenminister Jan Lipavský von den Piraten hat diesen Schritt empfohlen. Seine Parteikollegin, die Europaabgeordnete Markéta Gregorová, sagte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Ich denke, dass sich Tschechien dem diplomatischen Boykott anschließen sollte – und das grade wegen der Gründe, die schon die anderen Länder angeführt haben. Das sind die Verletzungen der Menschenrechte.“

Kateřina Konečná | Foto: Miloš Skácel,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

Im politischen Spektrum Tschechiens gibt es jedoch auch Gegenstimmen. Zu ihnen gehören die Kommunisten. Die Europaabgeordnete Kateřina Konečná ist die neue Vorsitzende der Partei. Sie denkt, dass man vor Ort als Politiker mehr erreichen könne…

„Wenn etwas dazu beitragen kann, die Rechtslage zu verbessern und die Debatte voranzubringen, dann ist es gerade die diplomatische Zusammenarbeit auf dem Gebiet von Sport und Kultur – und nicht Boykotte, Sanktionen, Einschüchterungen und Ultimaten“, so Konečná.

Die Kommunistin leugnet allerdings, dass an den Uiguren in China ein Völkermord verübt wird.

Innerhalb der neuen tschechischen Regierung, die am Freitag vereidigt werden soll, geht die Tendenz hingegen zu einem diplomatischen Boykott. Dies deuteten die Worte des designierten Premiers Petr Fiala (Bürgerdemokraten) beim privaten TV-Sender Nova an:

Petr Fiala | Foto: Ben Skála,  Benfoto,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

„Ich halte es für wichtig, dass es sich nicht um einen sportlichen, sondern um einen politischen Boykott der Spiele handeln soll. Die Verletzung der Menschenrechte durch China ist inakzeptabel. Meine Meinung ist, dass die Regierung über die tschechische Haltung entscheiden sollte.“

Offiziell eingeladen wurde wohl noch kein tschechischer Politiker zu den Winterspielen in Peking. Normalerweise gehen die Einladungen an den Staatspräsidenten, den Regierungschef sowie an den Bildungsminister, der hierzulande auch für Sport zuständig ist.

Autoren: Till Janzer , Karolina Koubová
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