Politologe Schuster: Hinter Klaus’ Taktieren steckt neues Buch oder erste Direktwahl des Präsidenten
Ist es statthaft und moralisch überhaupt vertretbar, für einen der höchsten Posten im tschechischen Bildungsministerium jemanden vorzuschlagen, der vor nicht allzu langer Zeit bei Wahlen für eine rechtsextreme Partei kandidierte? Oder sollte über seine Kandidatur einzig und allein die fachliche Eignung entscheiden? Zu diesen und weiteren Fragen hat Radio Prag mit dem Politologen Robert Schuster gesprochen.
Robert, die Parteinahme des Präsidenten kam ziemlich unerwartet. So viel ich weiß, hat es das in den vergangenen zwanzig Jahren noch nie gegeben, dass sich der Präsident zu einer Personalie in einem Ministerium geäußert hätte, oder täusche ich mich da?
„Das stimmt, so etwas gab es tatsächlich noch nie. Interessant dabei scheint mir zu sein, dass Václav Klaus seine Kritik am Vorgehen gegenüber Ladislav Bátora nicht etwa beiläufig in einem kurzen Statement geäußert hat, sondern dass er sie zu Papier gebracht hat, und zwar in einem Grundsatzartikel für die Zeitung ´Právo´. Dabei handelt es sich um eine eher linksliberale Tageszeitung, was auch mit viel Symbolkraft verbunden ist. Das lässt eigentlich den Schluss zu, dass er die Aktion gründlich vorbereitet hat. Denn man weiß, dass Klaus seine Gedanken sehr genau formuliert und dass er auch eine gewisse Zeit braucht, um sie niederzuschreiben. Vielleicht hat er also einen Anlass gesucht, um die Themen, die er in seinem Aufsatz verfasst hat, vorzutragen. Er wettert in dem Artikel gegen die ‚political correctness’, gegen die Allmacht der tschechischen Medien, die – wie Klaus sagt – es schaffen, den ein oder anderen Aufrechten niederzuschreiben, wie in diesem Fall Ladislav Bátora. Das sind alles Thesen, die Václav Klaus in dem Text für die Tageszeitung ´Právo´ gebracht hat. Es wird interessant sein, zu beobachten, welche Folgen das haben wird und ob weiter über dieses Thema debattiert wird.“Es heißt, Ladislav Bátora wäre Bildungsminister Dobeš vom Büro des Präsidenten empfohlen worden. Ist dem so und wenn ja, wovon zeugt das?„Wenn man den Medienberichten wirklich Glauben schenkt, dann wäre das eine Bestätigung der These, dass Václav Klaus und seine nähere Umgebung in der Präsidentenkanzlei tatsächlich nach einem Anlass gesucht haben, um eben das Thema ‚political correctness’ zu besetzen. In der Vergangenheit war es so, dass die ganze Polemik von Václav Klaus zur globalen Klima-Erwärmung, bei der Klaus es geschafft hat, sich als einziger Staatsmann gegen diese These zu positionieren, von seinen engsten Mitarbeitern vorbereitet wurde – von Petr Hájek, einem erzkonservativen Denker, und von Ladislav Jakl, einem ehemaligen Journalisten, der als ultraliberal gilt. In diesem Spannungsfeld bewegt sich Václav Klaus. Vieles von dem, was Klaus später irgendwann einmal gesagt hat, haben diese beiden Männer in ihren Blogs und Zeitungsartikeln probeweise als Testballons losgelassen, um zu sehen, wie die Öffentlichkeit darauf reagieren wird. Ähnlich war es auch in diesem Fall, wo es um die ‚political correctness’ der tschechischen Medien geht. Auch hier haben Hájek und Jakl sich schon vor Monaten dieses Themas angenommen – und nun Václav Klaus. Vielleicht verhält es sich so wie in den letzten Jahren, dass Václav Klaus seine Gedanken weiter ausformulieren wird und ein Buch schreiben wird. So wie er es schon öfters gemacht hat.“
Will also Václav Klaus nur im Gespräch bleiben und vielleicht wieder auf eines seiner nächsten Bücher aufmerksam zu machen?„Das ist eine Möglichkeit. Aber man darf nicht vergessen, dass dieses Statement von Klaus in einer Zeit gefallen ist, in der die politischen Parteien über die Einführung der Direktwahl des Präsidenten diskutieren. Eine Einigung darüber, dass der nächste Präsident im Jahr 2013 direkt vom Volk gewählt werden soll, scheint es bereits zu geben. Es geht nur noch um die Modalitäten. Die Grundsatzentscheidung scheint gefallen zu sein. Václav Klaus bliebe demnach nur noch zwei Jahre im Amt. Gemäß der jetzigen Regelung kann er kein drittes Mal antreten. Wenn es aber eine Direktwahl geben würde, dann stellt sich die Frage, ob nicht wieder von vorne gezählt werden müsste. Das heißt, ob sich Klaus nicht doch theoretisch um eine dritte Amtszeit bewerben könnte. Da hätte er natürlich als Amtsinhaber einen großen Vorsprung gegenüber anderen Bewerbern. Vielleicht sind die Schritte, die er jetzt unternimmt – also zum Beispiel die Äußerungen zu Ladislav Bátora – die ersten Versuche, das Feld dafür vorzubereiten. Denn er müsste ja von jemandem unterstützt werden. Er gehört keiner politischen Partei mehr an. Er ist aus der ODS, die er gegründet hat, ausgetreten. Aber vielleicht können ja solche europakritische und teilweise nationalistische Gruppierungen, aus denen auch Bátora kommt, den Boden bereiten und Klaus im Wahlkampf unterstützen.“