Politologen über den NATO-Gipfel

NATO-Gipfel-Teilnehmer (Foto: CTK)

Entscheidungen über Friedensmissionen in Afghanistan und in Bosnien sowie ein allgemeines Übereinkommen über die Gewährung von Hilfe für die irakische Regierung bei der Ausbildung irakischer Streitskräfte. Dies sind die wichtigsten Resultate der Verhandlungen, die am ersten Tag auf dem NATO-Gipfel in Istanbul geführt wurden.

NATO-Gipfel-Teilnehmer,  Vaclav Klaus rechts unten   (Foto: CTK)
Die tschechische Delegation in Istanbul wird von Staatspräsident Vaclav Klaus geleitet. Er sagte, die Nordatlantische Allianz müsse eine militärische Verteidigungsallianz bleiben. Seinen Worten zufolge dürfe die NATO zu keinem kollektiven Sicherheitsorgan werden, wie es beispielsweise die OSZE sei. In seiner Rede auf dem NATO-Gipfel betonte Präsident Klaus, die Tschechische Republik halte den mit der Nahostregion verbundenen internationalen Terrorismus für das gegenwärtige Sicherheitsproblem Nr. 1. Er sagte des Weiteren, die Tschechische Republik sei davon überzeugt, dass die NATO auch in diesem Bereich eine tragende Rolle spielen müsse.

Wie sehen tschechische Politologen die bisherigen Resultate des NATO-Gipfels? Radek Khol vom Institut für internationale Beziehungen meint:

Vladimir Spidla in Istanbul   (Foto: CTK)
"Das erste erfreuliche Resultat ist die Tatsache, dass sich die beiden Seiten, die innerhalb der NATO im Frühjahr 2003 vollständig unterschiedliche Meinungen über die Lösung der Irak-Krise vertreten hatten, nun auf einen Kompromiss einigten - und zwar, dass sich die NATO stärker als bisher in der Unterstützung der neuen irakischen Regierung engagieren kann. Es wird aber von der Regierung des jeweiligen NATO-Mitgliedsstaates abhängen, wie sie auf das Ersuchen der irakischen Regierung um Hilfe bei der Ausbildung der Sicherheitskräfte antworten wird. Frankreich und Deutschland werden wie bislang keine Soldaten in den Irak entsenden wollen, andererseits werden die USA, Großbritannien sowie weitere ihnen nahestehende Verbündeten bei der Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte helfen. Beide Seiten können also zufrieden sein. Das zweite wichtige Resultat ist die konkrete Unterstützung der afghanischen Regierung. Hier geht es vor allem um die Stärkung der Militärpräsenz, um für mehr Sicherheit bei den für September geplanten Wahlen zu sorgen."

Der Publizist und Politologe Roman Joch hält die am ersten Tag gefassten Entscheidungen auch für positiv:

"Ich meine, dass der NATO-Gipfel teilweise zur Heilung der Wunde beigetragen hat, die innerhalb der Allianz im Zusammenhang mit der Stürzung des Saddam Hussein-Regimes im Irak entstanden ist. Die NATO stimmte dem Vorhaben zu, irakische Sicherheitskräfte auszubilden. Zweitens bestätigte die NATO ihre Verpflichtungen gegenüber Afghanistan. In dieser Frage herrscht eine einheitliche Meinung innerhalb der NATO. Etwas störend wirkte Chiracs Erklärung auf einer Pressekonferenz nach den Verhandlungen, dass sich die NATO im Irak nicht engagieren solle. Diese Erklärung widerspricht einigermaßen dem Vorhaben der NATO, irakische Sicherheitskräfte auszubilden. Es besteht auch weiterhin ein bestimmter Abstand zwischen Frankreich und den USA. Aber ich meine, dass der NATO-Gipfel die tiefste Wunde in den transatlantischen Beziehungen geheilt hat."