Präsident Vaclav Havel sprach sich für ein Temelin-Referendum aus
Die Gegner des südböhmischen Atomkraftwerks Temelin haben nun einen renomierten Verbündeten. Präsident Vaclav Havel unterstützte am Sonntag ihre Meinung, dass über das weitere Schicksal des umstrittenen Kraftwerks in einem Referendum entschieden werden sollte. Martina Schneibergova fasst zusammen:
Im Kernkraftwerk Temelin wird seit vergangenem Mittwoch die Beladung des Reaktors des ersten Blocks mit Brennstäben fortgesetzt. Seit dem 1. Juli wird das Objekt des Kraftwerks von ökologischen Aktivisten belagert, die Unterschriften für ein Referendum zu Temelin sammeln. Die entsprechende Petition, die die Aktivisten am Dienstag dem Parlament übergeben wollen, haben bislang 107.000 Menschen unterzeichnet. Für die Durchführung eines Referendums sprach sich nun auch Präsident Vaclav Havel aus, der jedoch eingestand, dass er am Anfang den Experten vertraute, die behauptet hatten, dass das Kernkraftwerk eine risikofreie Energiequelle darstelle. Vor sieben Jahren bezeichnete er ein Referendum über den umstritteten Bau sogar für überflüssig. Jetzt sei er jedoch - so der Präsident - durch das Tempo erschrocken, mit dem die Betreibergesellschaft CEZ mit der Beladung des Reaktors mit Brennstäben begonnen habe. Zu dem Beschluss des Kabinetts über die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks bemerkte Havel: "Wäre die Entscheidung durch das Resultat eines Referendums unterstüzt worden, wäre es bestimmt besser gewesen."
Die Chancen, ein Referendum einige Monate vor der Inbetriebnahme des ersten Blocks auszuschreiben, sind jedoch gering. Dieser Meinung ist auch einer der bedeutendsten Gegner des Atomkraftwerks im Milos-Zeman-Kabinett - Umweltminister Milos Kuzvart. Seinen Worten zufolge wurde die Forderung nach einem Referendum fünf Minuten nach zwölf erhoben. Kuzvart lehnt eventuelle Gewaltaktionen der Gegner des Kraftwerks ab: "Ich bin eindeutig gegen Gewaltaktionen jedweder Art. Es ist gut, dass es möglich ist, in bestimmten Angelegenheiten die zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel anzuwenden."
Der Leiter der Sektion für die Beurteilung der Umweltbelastung des tschechischen Umweltministeriums, Jiri Gut, besuchte das Camp der ökologischen Aktivisten bei Temelin. Seiner Meinung nach ist Temelin in seiner Art Schwarzbau. Gut erklärte: "Das Kernkraftwerk Temelin ist in seiner Art Schwarzbau, weil zahlreiche Bauänderungen nach dem Baugesetz gebilligt worden waren, auch wenn sie nicht allen Erfordernissen entsprachen. Als ein Staatsbeamter bin ich durch die Entscheidung des Kabinetts über den Bau des Kraftwerks gebunden. Ich bin nicht da, um die Inbetriebnahme von Temelin zu verhindern. Wenn der Bau des Kraftwerks jedoch zu Ende geführt wird, geht es mir darum, dass ein maximal sicherer Betrieb und die Einhaltung aller Gesetze gewährleistet werden. An den beiden zuletzt erwähnten Tatsachen habe ich jedoch große Zweifel." Soweit Jiri Gut vom Umweltministerium.
Der Vorsitzende des Abgeodnetenhauses Vaclav Klaus, dessen Regierung vor sieben Jahren beschloss, Temelin zu Ende zu bauen, verteidigte das Atomkraftwerk mit den Argumenten, es seien allzu hohe Geldsummen ausgegeben worden und Menschen hätten bei der Errichtung des Kraftwerks Bau unglaubliche Arbeit geleistet.