Prag – eine Frage der Perspektive

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Da war sie wieder, diese Wortkombination: Schönes Prag. Wenn dies ein Tourist sagt, dann ist es als Lob gedacht, wenn es aus dem Mund des deutschen Außenministers kommt, dann ist es eher eine Platittüde. Denn so ein Außenminister sollte eigentlich aus anderer Perspektive seinen Blick auf die tschechische Hauptstadt richten.

Die Bewohner Prags hören das Lob von der schönen Stadt natürlich immer wieder. Dabei würde eine ganze Menge sicher gerne mit einem anderen Ort tauschen. Mit einem Ort ohne die täglichen Autoabgase, ohne den Straßenlärm, ohne die überfüllten Busse und Straßenbahnen, aber vielleicht mit mehr Grün. Wer tagtäglich mit dem Alltag kämpft, der verliert manchmal den Blick für das Besondere.

Ein ehemaliger Kollege pflegte zu sagen: Wir sollten froh sein, dort arbeiten zu können, wo andere ihren Urlaub machen. Solche Worte sind das geeignete Futter für eine gewisse Demut, die sicher nicht schlecht zu Gesicht steht. Doch alles ist eine Frage der Perspektive, irgendwie.

Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich viele Jahre lang über die Klagen der Alteingesessenen den Kopf geschüttelt habe. „Die Stadt ist nicht mehr unser“, fand beispielsweise mein einstiger Vermieter. „Nun habt Euch nicht so“, war meine Reaktion, wenn auch selten direkt geäußert. Ich muss wohl damals immer noch mit den Augen eines Touristen durch Prag gegangen sein. Denn heute ertappe ich mich dabei, wie mir manchesmal auf dem Weg durch die Prager Innenstadt durch den Kopf schießt: „Hoffentlich bin ich da jetzt schnell durch.“ Das ist der Perspektivwechsel.

Und warum sage ich das jetzt? Weil an Ostern wieder die Touristenhochsaison in Prag beginnt. Wenn es die ganzen Besucher in die Stadt an der Moldau zieht, dann ziehe ich mich lieber zurück; für einen kleinen Frühjahrsputz beispielsweise ist es doch gerade die richtige Zeit.