Prager John-Lennon-Mauer im neuen Gewand: 29 Künstler aus Europa sorgen für neuen Anstrich
Die John-Lennon-Mauer auf der Prager Kleinseite wurde am Mittwoch wieder einmal übermalt. An der neuen Gestaltung beteiligten sich 29 Künstlerinnen und Künstler aus 29 europäischen Ländern.
Mit Beifall begrüßten die vielen Menschen, die sich am Mittwochabend auf der Prager Kleinseite versammelt hatten, den tschechischen Designer Pavel Štastný. Der Künstler ist Initiator und Kurator der neuen Gestaltung der John-Lennon-Mauer:
„Wir haben heute gegen die Zeit gekämpft: Um neun Uhr morgens fing das Malen an. Und jetzt präsentieren wir Ihnen, was wir während der vergangenen neun Stunden geschaffen haben. Ich danke allen 29 Künstlerinnen und Künstlern aus den EU-Ländern, aus Norwegen und der Ukraine.“
Štastný selbst ist bekannt dafür, dass er während der Samtenen Revolution 1989 das Logo des Bürgerforums (OF) entworfen hatte. Die Teilnehmenden vom Mittwoch haben sich Štastný zufolge vorher nicht gekannt. Aber sie hätten innerhalb kurzer Zeit ein gutes Team gebildet, merkte der Kurator an:
„Die Künstler haben ihre Energie auf die Wand übertragen. Unser Thema war ‚Freiheit und Energie‘. Die Lennon-Mauer stellt für uns ein Freiheitssymbol dar. Inmitten der Wand wurde ein Spiegel installiert. Alle, die ihm gegenüber stehen, werden somit ein Teil des Kunstwerks.“
Das internationale Projekt wurde im Rahmen der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft ins Leben gerufen. Die Mauer wird anschließend fotografiert und das Bild im Maßstab 1:1 auf eine aufblasbare Wand übertragen. Diese soll dann in jenen Städten gezeigt werden, die mit der EU besonders verknüpft sind: in Straßburg, Brüssel, Luxemburg und auch in Paris. Denn von Frankreich hatte Tschechien am 1. Juli die Ratspräsidentschaft übernommen.
Jesse Safier aus den Niederlanden beteiligte sich an der Neugestaltung der Lennon-Mauer. Er sagte gegenüber Radio Prag International:
„Ich konnte malen, was ich wollte – eben entsprechend dem Thema ‚Freiheit und Energie‘.“
Dabei zeigt der Künstler auf die Stelle, an der er eine spezielle Friedenstaube gezeichnet hat. Dieses Motiv habe er schon seit seiner Kindheit immer wieder gemalt, fügt Safier hinzu.
Im Publikum, das das neue Open-Air-Werk noch am Abend besichtigte, war auch Roman Laube. Er hat gemeinsam mit dem Historiker Petr Blažek vom Institut für das Studium totalitärer Regime ein Buch über die John-Lennon-Mauer geschrieben. Laube räumte gegenüber Radio Prag International ein, er sei über die Teilnahme von einigen Politikern an der Vernissage und ihren Festreden nicht gerade begeistert. Und weiter kommentierte er:
„Aus künstlerischer Sicht gefällt mir das Werk eigentlich ganz gut. Vermutlich wurde es zeitlich nicht geschafft, das symbolische Grabmal von John Lennon, das es hier einst gab, zu erneuern. Die Gestaltung finde ich gut, nur die EU-Sternchen sind irgendwie komisch. Ein Friedenssymbol passt viel besser. Dies gibt es hier aber auch, das ist schon gut.“
Die John-Lennon-Mauer ist die Begrenzung des Malteser Gartens auf dem Platz Velkopřevorské náměstí. Sie befindet sich gegenüber der französischen Botschaft. Zum Symbol der Freiheit und des Widerstands gegen das kommunistische Regime wurde die Mauer, weil dort nach dem Tod von John Lennon im Dezember 1980 ein symbolisches Grabmal für den Musiker errichtet worden war. Seitdem trafen dort regelmäßig Fans von Lennon zusammen. Dagegen griff die kommunistische Polizei mehrfach ein. Nach der Wende von 1989 ist die Streetart-Mauer mehrmals übermalt worden, zuletzt also an diesem Mittwoch.
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