Prager Regierung beschloss Beibehaltung des Ausnahmezustands bis 31.8.

Gross und Spidla, Foto:CTK

Außergewöhnliche Situationen erfordern auch außergewöhnliche Maßnahmen. Und das schlimmste Hochwasser seit Menschengedenken, das weite Teile Böhmens in den zurückliegenden Tagen heimgesucht hat, ist solch eine Situation. Daher wurden gerade in den letzten Stunden in Prag mehrere amtliche Beschlüsse gefasst, die der Beseitigung der Hochwasserschäden Rechnung tragen sollen. Lothar Martin hat die wichtigsten zusammengefasst.

Gross und Spidla,  Foto:CTK
Als sich die Hochwasserlage in Tschechien vor gut einer Woche immer mehr zugespitzt hatte, ließ Ministerpräsident Vladimír Spidla den Ausnahmezustand ausrufen. Eine Entscheidung, die den Bürgern des Landes einige Rechte beschneidet, auf der anderen Seite aber umso höhere Pflichten auflegt. Nun, nachdem die Gefahr für Leib und Leben gebannt ist und die Einsatzkräfte von Armee und Feuerwehr nur noch vereinzelt eingesetzt werden müssen, könnte dieser Zustand eigentlich aufgehoben werden. Das tschechische Kabinett schätzt die entstandene Situation aber anders ein und beschloss am Mittwochvormittag, den Ausnahmezustand im Land bis Ende August zu verlängern. Premier Spidla begründete diesen Beschluss wie folgt:

"Der Grund ist gerade der, dass es im Zeitraum des Ausnahmezustands möglich ist, Arbeitskräfte für die Beseitigung von Naturkatastrophen zu mobilisieren. Und hierbei können Sie sich für jedweden Bürger entscheiden. Aber es erscheint vernünftig, jene Leute einzusetzen, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen oder arbeitslos sind."

Das Vorhaben der Prager Regierung, für den Wiederaufbau der zerstörten Städte, Dörfer und Fluren für Hilfsarbeiten sowohl Arbeitslose als auch Zivildienstleistende einzusetzen, stößt in der Bevölkerung auf breite Zustimmung. Zwei Drittel der Befragten sprachen sich einer Umfrage zufolge für den Einsatz dieser Kräfte aus, nur rund ein Viertel war dagegen.

Im Wissen, dass "seine" Soldaten nunmehr vordergründig für das große Aufbauwerk benötigt werden, traf auch Verteidigungsminister Jaroslav Tvrdík eine gewichtige Entscheidung. Nämlich die, für internationale Friedenseinsätze das Kontingent der tschechischen Einheiten bis auf weiteres einzufrieren. Zur Begründung sagte Tvrdík:

"Wir halten den gegenwärtigen Stand bei, d.h.. wir werden die Beteiligung unserer Einheiten an den Einsätzen nicht erweitern. Die Gründe dafür sind weder militärischer noch politischer Natur, sondern es sind ausschließlich wirtschaftliche Gesichtspunkte. Priorität hat jetzt die Beseitigung der Hochwasserschäden."

Zur Gewährleistung der Schadensbeseitigung hat sich der tschechische Staat mit der Bitte um finanzielle Hilfe auch an die UNESCO gewandt. Diese soll vor allem einen Beitrag zur vollen Wiederherstellung der zum Weltkulturerbe zählenden Städte Ceský Krumlov/Krummau und Prag leisten. Ein Teilstück dieses Weltkulturerbes stellt die berühmte Prager Karlsbrücke dar, die derzeit für den Touristenverkehr gesperrt ist. Zu den Gründen der Schließung und den Aussichten auf ihre Wiedereröffnung erklärte Jan Bürgermeister, das Oberhaupt des ersten Prager Stadtbezirks, am Dienstag:

"Bis zum Ende der Woche wird es auf jeden Fall noch dauern, bis die Kampa-Insel gereinigt und gesäubert ist. Sobald die Bauarbeiten in den zerstörten Häusern in vollem Umfang in Gang kommen, wenn die hier lebenden Menschen ihr Eigentum abtransportiert oder gesichert haben, dann werden wir selbstverständlich die Karlsbrücke wieder öffnen und nur den entsprechenden Bereich für die Bauarbeiten gesperrt lassen. Aber jetzt wollen wir aus dem, was sich dort abspielt, keine touristische Attraktion machen."