Prager Theaterfestival deutscher Sprache startet ins zweite Jahrzehnt

William Shakespeare: Macbeth

Mit Thomas Bernhards Dramoletten und einem Claus Peymann, der sich selber spielte, startete am Wochenende das Prager Theaterfestival deutscher Sprache in das zweite Jahrzehnt seines Bestehens. Noch bis zum 19. November präsentieren sich deutschsprachige Bühnen in der Moldaustadt. Thomas Kirschner bat den Theaterkritiker Jiri Pavel Kriz um einen Rück- und Ausblick.

Es war kein leichter Beginn vor zehn Jahren, und auch das Publikum musste erst gewonnen werden. Inzwischen aber hat das Prager Theaterfestival deutscher Sprache einen festen Platz im Kulturherbst der tschechischen Hauptstadt. Einer, der es von Anfang an mitverfolgt hat, ist der Theaterkritiker Jiri Pavel Kriz:

"In den 11 Jahrgängen hat das Festival dazu beigetragen, wechselseitige Verbindungen zu schaffen, wechselseitig Inspiration zu geben und zugleich ist eine Kultur nach Prag zurückgekehrt, die ebenso wie die tschechische und die jüdische zu dieser Stadt gehört hat."

Für Kritik und Publikum bietet das Festival eine einzigartige Möglichkeit, bedeutendes europäisches Theater aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und neuerdings auch Luxemburg in konzentriertem Querschnitt zu verfolgen - und damit, wie Kriz betont, auch den Blick auf die eigene Theaterkultur zu schärfen.

"Um in der Lage zu sein, das heimische Theater im europäischen oder globalen Kontext zu sehen, muss man eben für ein Musical nach London oder auf den Broadway fahren, ob man will oder nicht. Das deutschsprachige Theater präsentiert sich demgegenüber hier bei uns in Prag. Wer das verpasst, ist töricht."

Erster Höhepunkt des Festivals war am Sonntag der Macbeth des Düsseldorfer Schauspielhauses in der Einstudierung von Jürgen Gosch - angekündigt als Stück des Jahres und "skandalöseste deutsche Inszenierung der vorigen Saison":

"Um ehrlich zu sein: Wenn man einer Inszenierung so viele Superlative vorausschickt, dann bleibt die Enttäuschung oft nicht aus. Ich habe in der Inszenierung ein wenig die Kompaktheit vermisst - ein Macbeth, der fast drei Stunden dauert, das ist schon viel. Nichtsdestotrotz, die Inszenierung stützt sich auf ausgezeichnete Einfälle und auf eine Aggressivität, die sich nicht gegen die Zuschauer richtet, sondern sich präzise auf der Bühne abspielt - ganz im Geiste des blutigsten aller Shakespeare-Stücke eingefärbt in Blut und Exkremente", so Kritiker Jiri Pavel Kriz.

Auf dem weiteren Programm stehen unter anderem noch Aufführungen des Berliner Ensembles und des Schauspielhauses Zürich, aber auch ein Heimspiel - zwei Lesungen der Grande Dame der Prager deutschen Literatur, Lenka Reinerova.

Fotos:www.theater.cz