Radio Free Europe: Sicherheitsrisiko oder Kapitulation vor dem Terrorismus?

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Vor drei Wochen hat der tschechische Sicherheitsrat die Umsiedlung des im Prager Stadtzentrum unmittelbar oberhalb des Wenzelsplatzes gelegenen und seit dem 11. September scharf von der Armee bewachten Senders "Radio Free Europe/Radio Liberty" empfohlen. Nachdem der Intendant des Senders nun am Mittwoch in der Prague Post erstmals öffentlich die Möglichkeit eines Wegzugs der von den USA finanzierten Rundfunkstation aus Tschechien ins Spiel brachte, ist in den Medien eine Kontroverse zwischen der tschechischen Regierung und der Leitung des Senders entbrannt. Silja Schultheis berichtet.

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Dass im Falle eines Angriffs auf die Radiostation nicht nur deren Mitarbeiter, sondern auch zahlreiche Bürger der tschechischen Hauptstadt betroffen wären, steht außer Zweifel. Denn ein ausreichender Schutz lässt sich aufgrund der Lage des von der Prager Hauptverkehrsstraße - der sogenannten Magistrale - wie eine Insel umgebenen Senders kaum gewährleisten.

Für den Intendanten von "Radio Free Europe", den Amerikaner Thomas Dine, ist dies jedoch kein Argument, mit dem sich ein Umzug aus dem Prager Stadtzentrum rechtfertigen ließe. Vielmehr käme ein solcher in seinen Augen einer Kapitulation vor dem Terrorismus gleich. In Amerika habe noch niemand vorgeschlagen, das Pentagon umzusiedeln. Im Gegenteil hatte der New Yorker Bürgermeister Giuliani vor dem Ausscheiden aus dem Amt dazu aufgerufen, ein neues World Trade Center an derselben Stelle zu errichten wie das alte.

Dine ging noch weiter: Sollte die tschechische Regierung auf dem Umzug bestehen, so wäre das in seinen Augen gleichbedeutend mit einer Aufkündigung der 1995 von der tschechischen Regierung ausgesprochenen Einladung zur Umsiedlung des Senders von München nach Prag.

Eine solche Interpretation freilich lehnte Außenminister Jan Kavan in einem Gespräch für die Donnerstagsausgabe der Zeitung "Pravo" strikt ab. Die Entscheidung, Tschechien zu verlassen, liege selbstverständlich bei dem Sender. Dass die tschechische Regierung der Rundfunkstation den Umzug aus dem Stadtzentrum nahegelegt habe, lasse sich jedoch keinesfalls so interpretieren, dass "Radio Free Europe" in der Tschechischen Republik nicht mehr erwünscht sei.

Gegensätzlich ist ferner die Darstellung beider Seiten bezüglich der Frage nach möglichen Ersatzstandorten für den Sender. Während Dine bekräftigte, er habe noch keine diesbezüglichen Angebote von der Regierung erhalten, verwies der tschechische Außenminister auf fünf Objekte, denen der Radiosender jedoch eine Absage erteilte, weil sie seinen Kriterien nicht gerecht würden.

Die Sprecherin des Senders, Sonia Winterova, lehnte am Donnerstag gegenüber Radio Prag eine Stellungnahme zu diesen widersprüchlichen Äußerungen ab und verwies darauf, dass sie erst mit Dine - der sich gegenwärtig in Amerika aufhält - konsultieren müsse. Wir halten Sie im Tagesecho über die aktuelle Entwicklung auf dem Laufenden.