Regierung und Partei: Spidlas Position immer schwächer

Minister Gross und Sobotka mit Premier Vladimír Spidla im Parlament (Foto: CTK)

Seit Wochenbeginn sieht sich Tschechiens Premier Vladimír Spidla zwischen zwei Fronten: Die oppositionelle Demokratische Bürgerpartei ODS attackiert offen seine Regierungskoalition. Und immer mehr sozialdemokratische Parteikollegen Spidlas fordern seinen Rücktritt von der Parteispitze. Daniel Satra berichtet.

Premier Vladimír Spidla  (Foto: CTK)
Spidlas sozialdemokratischer Chef-Sessel wackelt. Nie war sein Parteivorsitz so deutlich gefährdet, wie seit dem Wahldebakel der Sozialdemokraten bei den Europawahlen. Hohe Wellen schlägt auch die Opposition rund ums Regierungsschiff: Die ODS - selbstbewusster EU-Wahlsieger und zugleich EU-skeptischer Quertreiber im Abgeordnetenhaus - sprach der Regierung die Legitimation für die Verhandlungen über die zukünftige EU-Verfassung ab. Diese sollen am Donnerstag in Brüssel fortgeführt werden. Doch Spidla konnte es richten: Nach vierstündiger Debatte holte er sich am Mittwoch vor der Abreise zum EU-Gipfel in einer Abstimmung das "Ja" der Unterkammer. Wenn die europäischen Staats- und Regierungschefs nach zwei Verhandlungstagen am Freitag wieder nach Hause zurückkehren, droht Spidla daheim ein unbequemer Empfang. Die Front in seiner Partei formiert sich. Nicht sein Kopf als Premierminister soll rollen, die Basis hat es auf seinen Parteivorsitz abgesehen. Zuzana Domesová, Vorsitzende der südmährischen Sozialdemokraten:

"Ich bin sicherlich dabei, solange ich nicht alleine bin. Aber ich bin sicher, dass wir mehrere sein werden. Das habe ich schon auf einer Pressekonferenz am Montag mitgeteilt. Ich gelange immer mehr zu der Überzeugung, dass es besser wäre, wenn Spidla zurückträte, als wenn er die Vertrauensfrage stellen würde."

Minister Gross und Sobotka mit Premier Vladimír Spidla im Parlament  (Foto: CTK)
Neben Spidla sieht die Parteibasis jedoch noch einen anderen Sündenbock für die Wahlniederlage: Die Unübersichtlichkeit der Regierungskoalition aus Sozial- und Christdemokraten sowie der liberalen Freiheitsunion. Der Freiheitsunion ist zudem nicht nur der Sprung nach Europa misslungen, jetzt soll sie am besten ganz aus der Regierung verschwinden. Das meint zumindest der Vorstand der mährisch-schlesischen Sozialdemokraten. Sein Vorsitzender Petr Vicha sagte nach der Sondersitzung:

"Unsere Vorschläge sind, dass sich der Hauptvorstand der Partei früher trifft, am besten noch vor Ende Juni. Der Parteitag soll vorgezogen werden, und nicht erst im März 2005 stattfinden. Außerdem soll die Regierungsbeteiligung der Freiheitsunion neu bewertet werden."

Im Klartext: Raus mit den erfolglosen Liberalen aus der Koalition. Doch wie die knappe Stimmmehrheit der Regierung im Abgeordnetenhaus halten? Am Samstag könnte mehr Klarheit herrschen. Dann will auch der Parteivorstand der Sozialdemokraten zu einer außerordentlichen Sitzung zusammentreffen. Und Spidla wird um seinen Posten kämpfen müssen. Sollte Spidla seinen Platz räumen, hat Innenminister Stanislav Gross gute Chancen ihn zu beerben - zumindest als Übergangschef.