Regierungsbildung: Jahrmarkt der Möglichkeiten
Vor dem für Freitag angesetzten Gipfeltreffen aller Parlamentsparteien mit Präsident Klaus dreht sich in Sachen Regierungsbildung das Karussell der Möglichkeiten und Unmöglichkeiten immer schneller. Thomas Kirschner mit einer leicht verwischten Momentaufnahme und der Frage was passiert, wenn nichts passiert.
Die universale Gültigkeit dieser barocken Verse musste allzu passend zu Novemberstimmung und Allerseelentag auch ODS-Chef Mirek Topolanek bei seinen Mühen um die Regierungsbildung erfahren. Während es gerade noch schien, als könnte es Topolanek gelingen, das linke Lager zu spalten und mit Hilfe der Kommunisten ein Bündnis für vorgezogene Neuwahlen zu schmieden, bröckelt es nun in den Reihen der Konservativen selbst. Christdemokraten-Chef Jan Kasal erklärte überraschend, dass sich seine Partei auf keine Lösung einlassen wolle, bei der die Sozialdemokraten außen vor bleiben. Bleibt also die so genannte Regenbogenkoalition, die auch CSSD-Vize Bohuslav Sobotka erneut in Spiel bringt:
"Eine der Varianten, die auf dem Tisch liegt und die eine Lösung ohne vorgezogene Neuwahlen bringen könnte, ist eine Form der Regierungszusammenarbeit zwischen Sozialdemokraten, ODS und Christdemokraten. Das ist sicher eine Variante, über die man sprechen sollte, und wir Sozialdemokraten schließen eine solche Lösung nicht von vornherein aus."
Vorteil des von niemandem wirklich gewollten Bündnisses wäre vor allem, dass keine Seite das Gesicht verliert - in der derzeitigen Situation immerhin schon eine ganze Menge. Aber auch vor diesem Übereinkommen liegt noch ein langer steiniger Verhandlungsweg, wenn überhaupt der Wille dazu da ist. Für ODS-Chef Topolanek bleibt nur die lapidare Zusammenfassung der Lage:
"Derzeit gibt es keine Einigung auf eine gemeinsame Lösung, insofern sind wir nicht weitergekommen."Ob der Gipfel der Parteichefs am Freitag bei Präsident Klaus das ändern kann, scheint derzeit eher fraglich. Eine Verfassungskrise droht aber trotz der monatelangen wechselseitigen Blockade der beiden gleichstarken Parlamentsflügel nicht, betont der Politologe Robert Schuster vom Prager Institut für Internationale Beziehungen: Die Regierung befindet sich nach der gescheiterten Vertrauensabstimmung derzeit gewissermaßen in stabiler Seitenlage.
"Solange kein neuer Premierminister ernannt wird, ist die amtierende Regierung, auch wenn sie nicht das Vertrauen hat, weiter im Amt. Das ist ein Zustand, der sich theoretisch sehr lange hinziehen kann. Die Verfassung legt hier keine Zeiträume fest, innerhalb derer es eine neue Regierung geben muss. Hier ist die Verfassung sehr frei."
Präsident Klaus hat allerdings bereits angekündigt, dass er die derzeitige Situation nicht unbegrenzt hinnehmen will. Dennoch scheint es, dass für die Verhandlungsführer der Parteien zurzeit auch die Moral des Gryphius-Sonettes gilt: "Noch will, was ewig ist, kein einig Mensch betrachten."