Remoska: Das Koch- und Backwunder aus der Tschechoslowakei
Sie sei so praktisch. Das sagen fast alle, die die sogenannte Remoska nutzen. Man könnte das Gerät als elektrische Kleinküche bezeichnen. Mit ihm lässt sich sowohl ein Kuchen backen, als auch Gemüse dünsten. Und das Gerät ist auch bestens fürs Wochenendhaus geeignet, falls man dort keine Küche hat. Mehr nun über die Remoska in einem neuen Teil unserer Serie „Czech Made – Erfindungen und Marken aus Böhmen und Mähren“.
Sie ist Kochtopf, Pfanne und Ofen in einem. Die Remoska gibt es seit über 60 Jahren. Ihre Erfindung geht auf eine Reise nach Schweden zurück. Der spätere Maschinenbauer Oldřich Homuta stieß dort auf einen Elektrokochtopf. Als er diesen mit einer zusätzlichen Backfunktion ausstattete, war die Remoska geboren. Der Prototyp entstand in einem Labor in Prag. Nach zwei anderen Produktionsstandorten wurde 30 Kilometer östlich der Hauptstadt die Serienproduktion aufgenommen. Kostelec nad Černými lesy / Schwarzkosteletz heißt das Städtchen. Jiří Filípek betreut dort das „Topfmacher-Museum“.
„Die Remoska-Fabrik befand sich in einer örtlichen Villa aus dem Jahr 1930. Dort waren sowohl das Büro als auch die Fertigungsstätte untergebracht. Weil die Produktion dann erweitert wurde, musste angebaut werden. Hiesige Bewohner haben mir gesagt, dass in der Villa ursprünglich Eisenwaren hergestellt wurden. Danach gab es dort eine Fabrik für Elektroherde. Und 1958 begann man, auch die Remoska zu fertigen.“
Energiesparender Küchenersatz
Zunächst handelte es sich um einen kleinen Betrieb, in dem gerade einmal neun Leute beschäftigt waren. Die Remoska hieß anfangs noch gar nicht so, sondern HUT. Das waren einfach die Anfangsbuchstaben der drei Maschinenbauer, die diesen Wundertopf erfunden haben: neben dem erwähnten Oldřich Homuta noch Jindřich Uher und Antonín Tyburec. Die Bezeichnung Remoska geht wiederum auf den Elektromontagebetrieb Remos zurück, dessen Name aber auch eine Abkürzung ist. Und zwar für revize (Revision), elektromontaže (Elektromontage), opravy (Reparaturen) und servis (Service).
Die Remoska fand sehr schnell im ganzen Land ihre Freunde. Man traf damit in der ČSSR auf eine Marktlücke. Denn das Gerät diente nicht nur in den Wochenendhäusern als Küchenersatz, sondern auch in manchen beengten Wohnverhältnissen in den Städten. Ivo Svoboda ist Geschäftsführer der heutigen Firma „Remoska“. Beim Besuch in seinem Betrieb zeigt er ein Modell von Ende der 1950er Jahre.
„Das Besondere daran ist, dass diese Version ein abnehmbares Stromkabel besaß. Das konnte dann zum Beispiel für das Bügeleisen genutzt werden. Der Deckel hatte allerdings einen ziemlich schlechten Griff. Und der Topf selbst war aus Aluminium, er besaß nicht die heutige Antihaftbeschichtung“, so Svoboda.
Insgesamt vier unterschiedliche Modelle entstanden mit der Zeit. Eines davon war eine kleine Campingausführung…
„Sie ist wirklich nur für eine Portion gemacht, der Topf fasst gerade einmal einen Liter. Diese Remoska lässt sich auseinanderschrauben, sodass man sie problemlos transportieren kann. Sie ist ein kleiner elektrischer Alu-Topf.“
1964 wurde der Wunderkochtopf übrigens patentiert. Und wie funktioniert er? Der Geschäftsführer:
„Das Prinzip ist ziemlich simpel. Im Deckel der Remoska befindet sich eine Heizspirale, von der aus sich die Hitze bis zum Boden des Topfs verbreitet. Interessant ist, dass ab 315 Grad Celsius die Lebensmittel anbrennen, doch die Remoska erreicht maximal 250 Grad Celsius. Das bedeutet, dass sich das Essen darin nicht festsetzen kann.“
Auch ins Ausland wurde die Remoska verkauft – vor allem natürlich in die sozialistischen Bruderstaaten.
„Es wurde in großem Umfang exportiert. Wenn ich nach Ungarn fahre, treffe ich immer wieder auf ältere Menschen, die erzählen, wie ihre Großmutter ihnen in der ‚Remoschka‘ gekocht habe. Aber auch die Polen haben sie gekannt – und genauso die Russen, die sie ‚tschudopjetschka‘ genannt haben, also Wunder-Backöfchen“, so Ivo Svoboda.
Bis 1991 wurden je nach Angaben zwischen 1,5 und 2,7 Millionen Remoska-Geräte produziert. Nach der politischen Wende von 1989 begann der Verkauf jedoch rapide zu sinken. Die Zeit dieser Kleinküche schien vorbei, weil nun in den Geschäften auch erstmals Fritteusen und Mikrowellenherde angeboten wurden. 1994 stand der ehemals staatliche Betrieb daher im Rahmen der „kleinen Privatisierung“ zum Verkauf. Ivo Svoboda:
„Der Elektriker Jiří Blažek sollte eigentlich für einen Kunden eine Remoska reparieren. Also suchte er nach Ersatzteilen. Da er diese nicht auftreiben konnte, fuhr er in das frühere Werk in Kostelec. Dort stellte er fest, dass der Betrieb zum Verkauf stand, und erwarb ihn. Weil er aus Frenštát pod Radhoštěm (Frankstadt unter dem Radhoscht, Anm. d. Red.) stammte und die Fabrik zu weit weg lag, verlagerte er die Produktion in seinen Heimatort.“
Verkaufsschlager in Großbritannien
Seitdem wird das Kultgerät in Nordmähren gefertigt. In den ersten Jahren lief der Verkauf allerdings schlecht. 1999 erwarb man dann eine Lizenz für die Nutzung von Teflon – ab da ging es wieder bergauf mit der Remoska. Und per Zufall tat sich ein lukrativer Markt im Ausland auf – und zwar in Großbritannien…
„Eines Tages klingelte das Telefon auf meinem Arbeitstisch. Es meldete sich eine Lady Milena. Sie sagte mir, dass ich problemlos mit ihr Tschechisch reden könne, weil sie ursprünglich von hier komme. Und sie fragte mich: ‚Warum exportieren Sie eigentlich ein so tolles Produkt nicht auch nach Großbritannien?‘ Ich antwortete, dass wir dort keinen Partner hätten. Dann meinte sie, dass sie sich darum kümmern werde. Und zwei Monate später hatte sie jemanden aufgetrieben“, so Svoboda.
Lady Milena Grenfell-Baines hieß die Dame, die sich gemeldet hatte. Sie hatte 1939 zu jenen tschechischen Kindern gehört, die Sir Nicholas Winton durch die Verschickung nach England vor Hitler rettete. Obwohl sie also in Großbritannien aufgewachsen war, hatte sich Lady Grenfell-Baines die Liebe zu ihrer Heimat bewahrt. Und im Fall der Remoska hielt sie Wort. Eine Bekannte arbeitete im Verkaufsbereich der Firma, die mittlerweile das Gerät in Großbritannien vertreibt. Und diese Frau probierte die Remoska zu Hause einfach ein bisschen aus. Den Rest erzählt Milena Grenfell-Baines selbst:
„Sie sagte, dass wir es wagen könnten. Sie kam also mit nach Frenštát. Dort mussten die Kabel und Stecker sowie die Anleitung umgearbeitet werden. Die britische Firma bestellte dann 1000 Stück, was für drei Monate reichen sollte. Der Verkauf lief über einen Katalog. Zur Remoska wurde ein netter Text geschrieben, der erläuterte, wie die Firma zu dem Gerät gekommen ist. Innerhalb von drei Wochen waren dann alle 1000 Stück verkauft.“
Das war 2001. Im selben Jahr kürte das Institut „Good Housekeeping“ (Gutes Haushalten), das eine gleichnamige Zeitschrift herausgibt, die Remoska zum Produkt des Jahres. Der Erfolg war durchschlagend: Heute setzt der tschechische Hersteller die Hälfte seiner Produktion auf dem britischen Markt ab. Laut Milena Grenfell-Baines hat das bestimmte Gründe:
„Die Remoska funktioniert so einfach im Vergleich zur Mikrowelle. Am Wichtigsten ist aber, dass sie sehr energiesparend ist. Wenn man den Ofen anmacht, entspricht das dem Verbrauch von 25 Glühbirnen mit 100 Watt. Bei der Remoska sind es nur fünf solcher Glühbirnen. Und das Backergebnis ist gleich oder sogar besser.“
Und das überzeugt selbst diejenigen, die beruflich in der Küche zugange sind. So gestand etwa der anerkannte mittelböhmische Koch Václav Veselý in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Die Remoska war eigentlich der erste Herd, den ich besessen habe. Und weil ich keine andere Möglichkeit hatte, habe ich gelernt, mit ihr eine Menge Gerichte zuzubereiten. Man kann damit schmoren, grillen, backen, dünsten oder frittieren – einfach alles. Dafür reicht ganz einfach eine Steckdose.“