Rentenreform im Kreuzfeuer der Abgeordneten – Nachbesserung auch im Gesundheitssektor

Ungeachtet der zum Teil scharfen Kritik von Seiten der Opposition und durch die Gewerkschaften will die Regierungskoalition in Tschechien ihr mehrfach angekündigtes Reformpaket auch parlamentarisch durchsetzen. Am Mittwoch hat der Entwurf zur Rentenreform schon einmal die erste Lesung im Abgeordnetenhaus passiert. Und auch zu Details der Gesundheitsreform wird bereits lebhaft unter Abgeordneten und Senatoren gestritten.

In der Tschechischen Republik wird man derzeit mit knapp 62 Jahren als Mann und mit 60 Jahren und vier Monaten als kinderlose Frau pensioniert. Haben Frauen Kinder großgezogen, dann dürfen sie noch früher in Rente gehen. Aber schon nicht mehr so früh wie zu Zeiten der sozialistischen Tschechoslowakei, als das Renteneinstiegsalter für Männer bei 60 und für Frauen bei 57 Jahren lag. Nach einem bereits verabschiedeten Gesetzentwurf wird das Renteneinstiegsalter nun aber bald auf 63 Jahre angehoben. Und damit nicht genug: Dem am Mittwoch von der Regierung im Parlament eingebrachten neuen Entwurf zufolge soll ab dem Jahr 2031 das Renteneinstiegsalter für Männer, kinderlose Frauen und Frauen mit einem Kind bei 65 Jahren liegen, während Frauen mit zwei und mehr Kindern zwischen 62 und 64 Jahren in Rente gehen dürfen. Ein nicht unerheblicher sozialer Einschnitt, den der Minister für Arbeit und Soziales, Petr Nečas, so verteidigt:

„In den nächsten Jahren wird das Rentensystem immer mehr in ein finanzielles Defizit abdriften, das in den weiteren Jahrzehnten noch um ein Vielfaches ansteigen würde. Deshalb müssen wir diesen Schritt jetzt durchführen.“

Minister für Arbeit und Soziales Petr Nečas
Dass Reformen notwendig sind, haben auch die Oppositionsparteien längst erkannt. Doch sie wären keine gute Opposition, wenn sie nichts zu bekritteln hätten. Wie der kommunistische Abgeordnete Miroslav Opálek:

„An dem Gesetzentwurf, den die Regierung heute im Abgeordnetenhaus vorgelegt hat, stört uns, dass er lediglich darauf zielt, bei den Ausgaben zu sparen. Er zeigt jedoch keine Wege auf, wie man zu weiteren Einnahmen kommen könnte.“

Und Sozialdemokrat Petr Wolf wurde sogar noch deutlicher, was er von der Aufstockung des Renteneinstiegsalters hält:

„Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass die Anhebung des Renteneinstiegsalters auf 65 Jahre für Bergleute, Hüttenarbeiter und andere Berufsgruppen, die einer schweren manuellen Arbeit nachgehen, ein Verbrechen ist und keinesfalls ein Ruhmesblatt für die Gesetzgeber.“

Foto: Kristýna Maková
Minister Nečas schreckt vor solcher und anderer Kritik aber nicht zurück, sondern geht ihr auf den Grund. Daher wird das Arbeitsministerium jetzt eine Studie in Auftrag geben, die Rentenalter, Gesundheitszustand und Lebenserwartung von Bergleuten in einem direkten Kontext beleuchten soll. Mit anderen Worten: Für begründbare Ausnahmeregelungen im neuen Rentensystem zeigt sich der Minister gesprächsbereit.

Ähnlich nachbessern müssen wird aber wohl auch Tomáš Julínek, sein Amtskollege im Gesundheitsministerium. Denn die mit Jahresbeginn eingeführten Arzt- und Krankenhausgebühren stoßen immer mehr auf Kritik. Der häufigste Kritikpunkt: Sie wurden ohne Ausnahme auf die gesamte Bevölkerung erhoben. Aus diesem Grund hat die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten, Michaela Šojdrová, den Vorschlag gemacht, zumindest die Krankenhausgebühren für Neugeborene aufzuheben. Ein Vorschlag, der allgemein begrüßt wird, aber vielen Abgeordneten noch nicht weit genug geht. Auch nicht dem Christdemokraten Ludvík Hovorka:

„Ich stimme darin überein, dass es bei den Zuschlägen eine ganze Reihe von Problemen gibt, über die man verhandeln muss. Diese Zuschläge gehen vor allem zu Lasten der Kinder, der Rentner und zu Lasten von Leuten, die auf der Intensivstation landen. Es bleibt zum Beispiel die Frage, ob diese Zuschläge den Krankenhauseinrichtungen oder den Versicherungen zugute kommen sollten. Es gibt aber noch mehrere solcher Probleme, die einer längeren Debatte verdienen.“