Restitutionsverhandlungen geplatzt: Kirchen verlassen Expertenkommission

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Die Kirchenrestitution war eines der Vorzeigeprojekte der ehemaligen Regierung von Premier Petr Nečas – und den damals oppositionellen Sozialdemokraten ein Dorn im Auge. Dank der Ergebnisse der vorgezogenen Neuwahlen stellen die Sozialdemokraten nun den Premier und wollten daher das Gesetz zur Rückgabe von enteignetem Kircheneigentum wieder ändern. Die Verhandlungen darüber mit den Vertretern der betroffenen Glaubensgemeinschaften scheiterten jedoch am Dienstag.

Tomáš Holub  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Es waren die Kirchen, die am Dienstag die Verhandlungen mit den tschechischen Sozialdemokraten (ČSSD) und der Partei Ano abbrachen. Tomáš Holub ist Generalsekretär der Tschechischen Bischofskonferenz:

„Wir, die Mitglieder des kirchlichen Teils der Expertenkommission, fordern nun die Regierung der Tschechischen Republik auf, mit den Kirchen und Glaubensgemeinschaften offizielle Verhandlungen über eine weitere fruchtbare Kooperation zwischen Staat und Kirchen aufzunehmen.“



Foto: Khalil Baalbaki,  Archiv des Tschechischen Rundfunks
Die Expertenkommission sollte eigentlich verhindern, dass der Streit um die Kirchenrestitution die Koalition aus Sozialdemokraten, Ano und den Christdemokraten (KDU-ČSL) gefährdet. Ursprung des Konflikts ist die äußerst kritische Haltung der ČSSD zur Kirchenrestitution: 59 Milliarden Kronen (2,2 Milliarden Euro) Rückzahlung über eine Laufzeit von 30 Jahren plus Inflationsausgleich – das war den Sozialdemokraten zu viel. Entsprechend bekämpften sie die Vereinbarung zwischen Staat und Kirchen im Wahlkampf und versprachen ihren Wählern, das Restitutionsgesetz rückgängig zu machen. Das aber war nach der Wahl mit dem christdemokratischen Koalitionspartner nicht zu machen. Der Kompromiss war eine Expertenkommission, die einen möglichen Ausweg aus dem Dilemma finden sollte.

Alena Gajdůšková  (Foto: ČTK)
Allerdings beklagten die Kirchenvertreter nach den Verhandlungen, dass die Haltung einiger Politiker von einer ideologischen Ablehnung gegenüber den Kirchen getrübt gewesen sei. Alena Gajdůšková ist Vizepräsidentin des tschechischen Senats. Die Politikerin saß für die ČSSD in der Expertenkommission. Nach dem Scheitern der Verhandlungen drohte sie den Glaubensgemeinschaften, die restituierten Besitztümer zu versteuern:

„Sagen wir es einmal so: Eine Besteuerung sollte alles betreffen, was die Kirchen als Folge des Restitutionsgesetzes zurückerhalten würden. Es wäre dann die Entscheidung des Staates, ob er diesen Vorschlag annehmen würde oder nicht.“

Daniel Herman  (Foto: ČTK)
Die Opposition schäumte. Der Chef der Partei Top 09, Karel Schwarzenberg, verglich die Drohung mit einer Armbanduhr, die der Dieb nach 50 Jahren seinem Besitzer zurückgebe und anschließend noch eine Steuer dafür verlange.

Premier Bohuslav Sobotka äußerte sich am Donnerstag. Seine Regierung setze weiter auf Verhandlungen. Er wolle zur Lösung der Streitfrage nun einen Regierungsausschuss einsetzen. Der christdemokratische Kulturminister Daniel Herman begrüßte diesen Schritt:

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„Die Verschiebung des Themas auf die Regierungsebene hat nun wohl Priorität. Das erscheint mir logisch, weil es seit Beginn der Woche eh einen Regierungsausschuss gibt, der die Umsetzung des Restitutionsgesetzes erleichtern und offene Probleme lösen soll.“

Die Christdemokraten betrachten die Kirchenrestitution jedoch weiterhin als abgeschlossen, Änderungen am Gesetz lehne man ab, so Parteichef Pavel Bělobrádek. Er wisse daher auch nicht, was sich die Sozialdemokraten von einem Regierungsausschuss versprechen würden.