Ringen um die öffentliche Aufmerksamkeit: Parteitage von ODS und Top 09

Parteitag der Top 09 (Foto: ČTK)

Im Tschechischen gibt es ein Sprichwort, das besagt: Wenn zwei das Gleiche tun, muss dabei nicht immer das Gleiche herauskommen. Auf diese Formel ließen sich auch die Parteitage der beiden bürgerlichen Regierungsparteien, der rechtsliberalen Bürgerdemokraten und der liberal-konservativen Partei Top 09 vom vergangenen Wochenende bringen.

ODS-Parteitag  (Foto: ČTK)
Nichts dokumentiert das Konkurrenzverhältnis zweier Regierungsparteien besser, als wenn sie am gleichen Tag ihren Parteitag abhalten. So geschehen vergangenes Wochenende, als zeitgleich sowohl der Parteitag der stärksten Regierungspartei, der rechtsliberalen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), und der Nummer zwei im Kabinett, der liberal-konservativen Partei Top 09 stattfand. Beide Parteien lieferten sich vergangenes Wochenende ein zähes Ringen um die beste Schlagzeile und die größte Aufmerksamkeit.

Im gegenseitigen Verhältnis war man zwar um maximale Korrektheit bemüht, in dem die beiden Vorsitzenden Premier Petr Nečas für die ODS und Außenminister Karel Schwarzenberg für Top 09 sich gegenseitig per Videobotschaft nur das Beste gewünscht haben.

Petr Nečas  (Foto: ČTK)
Aber im Vorfeld hatte es viele Sticheleien gegeben. Eine der eher harmloseren war das Buhlen um die Gunst von Präsident Václav Klaus, der oft zu solchen Parteitagen kommt, um dort ein Grußwort zu sprechen. Beide Parteien hatten ihn eingeladen, doch er sagte sowohl der einen wie auch der anderen ab – und das obwohl er einmal jahrelanger Chef der ODS war. Klaus schickte lediglich eine Grußadresse, die von beiden Parteichefs vorgelesen wurde.

Zu den deftigeren Attacken gehörte zum Beispiel jene des Prager ODS-Parteichefs Boris Šťastný, der einige innerparteiliche Kritiker von Premier Nečas als so genannte „fünfte Kolonne“ von Top 09 bezeichnete. Ins gleiche Horn blies auch die Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Miroslava Němcová, die gleichzeitig auch stellvertretende Parteichefin der ODS ist:

Miroslava Němcová
„Die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Koalition sind offensichtlich, und wenn ich zwei Beispiele nennen soll, die mich in letzter Zeit sehr gestört haben, dann sind es die illoyale Verhaltensweise von Finanzminister Miroslav Kalousek gegenüber seinem Regierungschef und dann die Attacken gegenüber einigen Mitgliedern der ODS – so etwa gegenüber einigen Europaabgeordneten. Das kann uns nicht egal sein. Auf diese Weise lässt sich eine Zusammenarbeit in der Koalition künftig nur sehr schwer vorstellen.“

Vielleicht aber dienten diese Manöver im Vorfeld des Parteitags in erster Linie dem Ziel von Regierungschef Nečas den Druck zu nehmen, dem er in seiner ODS verstärkt ausgesetzt ist. So wird ihm zum Beispiel vermehrt vorgeworfen, allzu oft seinen beiden Koalitionspartnern nachzugeben. Das ist auf dem Parteitag tatsächlich gelungen, wie der Kommentator des Tschechischen Rundfunks Petr Nováček befindet:

Petr Nováček
„Als Petr Nečas die Parteiführung übernahm, konnte ihm das nur unter der Bedingung gelingen, dass er sich gegen den Einfluss der großen regionalen Partei-Paten mit einigen kleineren verbündet. Anders wäre das in der Partei gar nicht möglich gewesen. Seine Position innerhalb der Partei ist schon rein deshalb gefestigt, weil es keine Alternative zu ihm gibt, und ein Sturz von Nečas wäre für die Partei eine Katastrophe.“

Während die Bürgerdemokraten vergangenes Wochenende nicht über die Parteiführung abstimmten, sondern lediglich über Sachfragen und den weiteren Kurs in der Regierung diskutierten, hat Top 09 über einen neuen Vorstand abgestimmt und dabei den bisherigen im Amt bestätigt.

Foto: ČTK
Für die breitere Öffentlichkeit waren dann insbesondere zwei Themen gedacht. Der ODS-Vorsitzende, Premier Petr Nečas, ritt scharfe Attacken gegen die Eurozone. Die Einführung des Euro in Tschechien zum jetzigen Zeitpunkt würde nichts anderes bedeuten, als dass das Land für fremde Schulden aufkommen müsste, so Nečas. Zudem gab er bekannt, dass es im Falle eines Euro-Beitritts Tschechiens eine Volksabstimmung geben wird.

Die bürgerliche Konkurrenz von Top 09 hatte dem ebenfalls etwas entgegenzusetzen: Bereits am Samstag verkündete ihr Chef, Außenminister Karel Schwarzenberg, seine Kandidatur für das Präsidentenamt und zwar auch dann, sollte es im Jahr 2013 keine Direktwahl geben. Das hatte Schwarzenberg bislang stets ausgeschlossen. Somit ist er der erste offizielle Bewerber für die Nachfolge des jetzigen Staatsoberhaupts, Václav Klaus. Zu seinen Erfolgsaussichten meint Petr Nováček:

Karel Schwarzenberg  (Foto: ČTK)
„Es gab Zeiten, da hätte ich auf Anhieb gesagt, dass Schwarzenberg Favorit der Präsidentenwahl ist, aber das lässt sich heute nicht mehr behaupten. Die große Zeit Schwarzenbergs war vor zwei Jahren. Damals hätte ich ohne lange nachzudenken gesagt, dass er Favorit ist. In den nun veröffentlichten Umfragen liegt aber seine Unterstützung lediglich bei 14 bis 15 Prozent. Natürlich sind das nur Umfragen, und es hängt auch davon ab, wer noch kandidieren wird. Er muss nämlich noch in den anderen politischen Lagern um Unterstützung suchen und das ist nicht einfach, weil man jetzt schon weiß, dass sowohl die ODS wie auch die Sozialdemokraten ihren eigenen Kandidaten ins Rennen schicken werden.“

Illustrationsfoto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Es ist allerdings fraglich, ob es überhaupt zu einer Direktwahl kommt. Denn diese Frage ist verknüpft mit den Kompetenzen des künftigen direkt gewählten Staatsoberhaupts, und damit schwindet die Wahrscheinlichkeit auf eine Einigung zwischen Regierung und Opposition. Während das Regierungslager die gegenwärtigen Vollmachten beibehalten will, pochen die Sozialdemokraten auf Änderungen, welche im Endeffekt das direkte gewählte Staatsoberhaupt stärker einschränken würden. Zum Beispiel bei der Erteilung von Amnestien. Wie ist es also zu erklären, dass der Außenminister bereits jetzt, anderthalb Jahre vor der nächsten Präsidentenwahl auf den Schild gehoben wurde?

Václav Klaus
In den Medien wurde in letzter Zeit spekuliert dass man auf diese Weise erreichen will, dass die immer häufiger geäußerte Kritik von Amtsinhaber Vaclav Klaus an Schwarzenberg in Grenzen gehalten werden soll. Ist das plausibel?

„Ich denke, dass das gut möglich ist. Denn die öffentlich gegeneinander gerichteten Äußerungen zwischen Präsident Klaus und Karl Schwarzenberg sind in letzter Zeit immer häufiger und rücksichtsloser geworden. Die persönlichen Beziehungen zwischen beiden sind nicht ideal, und auch politisch kommen sie sich wegen der Europapolitik immer stärker in die Quere. Es ist anzunehmen, dass Schwarzenberg als offizieller Präsidentschaftskandidat seiner Partei doch eine andere Stellung haben wird“, so Rundfunk-Kommentator Petr Nováček.