Roma verlassen Tschechien
Die Situation der Roma in Tschechien gleicht nach wie vor einem brodelnden Fass. Zwar informierte die tschechische Nachrichtenagentur CTK am Donnerstag darüber, dass die Zahl der tschechischen Roma, die bei der britischen Botschaft einen Asylantrag gestellt haben, im April gesunken sei. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Roma hierzulande nach wie vor nicht nur mit dem Gedanken an Emigration spielen, sondern diese bereits fest geplant haben. Silja Schultheis berichtet.
Der Tschechischen Republik steht nach Angaben des Vorsitzenden des Roma-Verbandes im nordböhmischen Most, Josef Sivak, bis Ende Juni ein weiterer Exodus von Roma-Familien bevor. Grund dafür ist sowohl die ökonomische Situation als auch der Hass gegen die Roma, wie Josef Sivak mir erklärte:
"Die Arbeitslosigkeit ist in der Region von Most sehr hoch und betrifft nicht nur die Roma, sondern alle Bürger. Aber in der Mehrzahl sind es Roma. Und deshalb gehen sie weg, für eine bessere Zukunft. Wir nötigen sie nicht, hier zu bleiben, es ist ihr freier Wille. Wir wollten die Demokratie, jetzt haben wir sie. Ich werde sie nicht mehr versuchen zu überzeugen. Sie kennen die Argumente. Sie glauben mir nicht, aber hören zu. Sie haben im Ausland, z.B. in Irland oder Spanien, schon Familien. Das heißt, sie gehen in eine gesicherte Zukunft. Es ist nicht so, dass sie irgendwo hingingen und anfangen würden zu suchen. Sie haben das schon vorbereitet. Und Irland nimmt sie immer weiter auf."
Sind die Tschechen den Roma gegenüber besonders feindlich eingestellt und gibt es hierzulande mehr Diskriminierung als anderswo?
Eine junge Roma-Frau, die anonym bleiben wollte, wurde in Tschechien mehrfach geschlagen und vergewaltigt und ist aus Angst vor weiteren Übergriffen nach England emigriert ist. Im Gespräch mit Radio Prag verglich sie ihre dortigen Erfahrungen als Roma mit denen in Tschechien:
"Natürlich bin ich auch hier dunkel. Die Engländer halten mich wegen meiner Hautfarbe für eine Inka oder Spanierin und denken sich, was macht die hier eigentlich. Aber es ist nicht so schlecht hier, hier gucken sie zwar, aber dass sie einen schlagen würden - auf keinen Fall. Hier ist es besser für mich und auch für mein Kind. In Tschechien können Roma-Kinder auf keinen Fall studieren, allein aus dem Grund, dass sie Roma sind. Hier gehen sie zur Schule und können auch die Hochschule besuchen. Das ist besser für sie."
Auf die Frage, ob sie daran glaube, dass sich die Situation der Roma in Tschechien einmal verbessern würde, antwortete die junge Dame:
"Ich glaube, das wird immer so bleiben, dass Roma Angst um ihre Kinder haben, dass sie überfallen oder vergewaltigt werden. Deshalb gehen sie nach England oder Kanada, weil sie einfach Angst haben, Angst um ihre Kinder."