Rotkäppchen chattet gefährlich: Modernisierte Märchen klären tschechische Kinder über Cybersicherheit auf

Rotkäppchen

Dornröschen reguliert die Heizung im Schloss über ihr Mobiltelefon, und Rotkäppchen chattet in den sozialen Netzwerken – in einem neuen tschechischen Märchenbuch sind klassische Erzählungen für das 21. Jahrhundert aufbereitet worden. Sie sollen schon kleine Kinder für das Gute und das Böse im Internet sensibilisieren.

Kyber pohádky – Červená karkulka – Upoutávka

Auf Tschechisch heißt sie Karkulka, und natürlich trägt sie eine rote Kopfbedeckung. Rotkäppchens Mama gefiel es nicht, dass das Mädchen die ganze Zeit zu Hause vor dem Computer sitzt. Also schlug sie ihr vor, die Großmutter besuchen zu gehen…

So beginnt die moderne Version des alten Grimm-Märchens. Einer der Autoren der aufgepeppten Erzählungen ist Tomáš Miller, Präsident des tschechischen Ablegers der AFCEA, einer Vereinigung für Kommunikations- und Informationstechnik im Militärbereich:

„Die Idee entstand vor etwa anderthalb Jahren, während der Corona-Zeit. Wir haben überlegt, wie die kleinsten Kinder passenderweise mit dem Thema Cybersicherheit vertraut gemacht werden könnten.“

Herausgekommen sind zunächst die Online-Versionen verschiedener bekannter Märchen – und nun auch ein Buch, das das tschechische Zentrum für Cybersicherheit am Dienstag getauft hat. Laut Miller richtet es sich an alle Kinder, die schon einmal ein Mobiltelefon oder ein Tablet in der Hand hatten und Märchen im Internet anschauen:

„Wenn ein Kind etwas Neues entdeckt, fragt es normalerweise seine Eltern, was das eigentlich ist. Genauso muss es auch im virtuellen Bereich sein. Dort sollte nicht automatisch alles angeklickt, sondern zunächst gefragt werden, worum es sich genau handelt.“

In dem Cybermärchen chattet Rotkäppchen auf dem Weg zur Oma mit einer neuen Freundin, die sie im Internet kennengelernt hat. Diese stellt sich aber als die falsche Identität des bösen Wolfs heraus…

Wolf | Foto: Kateřina Hlavatá,  Flickr,  CC BY 2.0

Dass es wichtig ist, schon kleinen Kindern einen sicheren Umgang mit dem Internet beizubringen, meint auch Michaela Eklová. Sie ist die Leiterin eines Kindergartens im siebten Prager Stadtbezirk:

„Experten für Cyberschikane empfehlen, den Kindern so früh wie möglich die Risiken zu erklären. Wenn sie klein sind, hören sie noch darauf. Mit einem Zwölfjährigen lässt sich dann schon schwieriger zusammenarbeiten. Die Kinder müssen verstehen, dass das Risiko verborgen und nicht sichtbar ist.“

Darum will Eklová die Cybermärchen den Fünfjährigen in ihrem Kindergarten anbieten. Hilfreich seien dabei die didaktischen Anhänge, lobt die Pädagogin:

„Für das Projekt bringen die Erzieherinnen zunächst in Erfahrung, ob die Kinder das Internet schon kennen und worauf sie aufbauen können. Dann gehen sie die einzelnen Märchen durch und nutzen dafür die methodischen Anleitungen. Wir werden sehen, wie die Kinder darauf reagieren.“

Selfie | Foto: stockimages,  FreeDigitalPhotos.net

Das Buch enthält außerdem ein Glossar mit Begriffen wie „Selfie“ oder „soziale Netzwerke“, damit auch Großeltern beim Vorlesen wissen, worum es geht.

Rotkäppchen jedenfalls verspricht der Großmutter am Ende, dass sie nur noch mit jenen Kindern online chatten wird, die sie auch persönlich kennt und schon einmal gesehen hat. Die Cybermärchen stehen online in Schrift- und Audioform zur freien Verfügung. Ausgewählte Erzählungen gibt es auch in englischer und deutscher Übersetzung.

Drei Cybermärchen in deutscher Sprache finden Sie unter https://www.kyberpohadky.cz/cyber-marchen-de.

Autoren: Daniela Honigmann , Iveta Vávrová
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