Rückhalt entzogen: Außenminister Zaorálek kritisiert Israels Siedlungspolitik

Lubomír Zaorálek (Foto: ČTK)

Tschechiens Außenminister Lubomír Zaorálek hat am vergangenen Wochenende den Nahen Osten besucht. Der Sozialdemokrat war am Sonntag zunächst im Gaza-Streifen zu Gast, ehe er am Montag mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zusammentraf. Dabei kritisierte er den israelischen Siedlungsbau mit scharfen Worten – und liegt damit auf einer Linie mit der Europäischen Union und den USA.

Lubomír Zaorálek und Benjamin Netanjahu  (Foto: ČTK)
Die Tschechische Republik gehört zu den treuesten Verbündeten Israels. Die Anfänge der engen Beziehung gehen bis auf den tschechoslowakischen Staatsgründer Tomáš Garrigue Masaryk zurück. Noch 2012 war Tschechien das einzige EU-Land, das gegen einen Beobachterstatus der Palästinenser bei den Vereinten Nationen votiert hatte. Spätestens mit dem Besuch von Außenminister Zaorálek im Nahen Osten demonstriert Tschechien nun aber eine größere Distanz zur Politik des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Gerade der Siedlungsbau, den Israel in Ostjerusalem betreibt, sei für ihn ein Hindernis im Friedensprozess, wie Zaorálek gegenüber tschechischen Medien deutlich machte:

Siedlungsbau in Ostjerusalem,  das zur palästinensischen Autonomieverwaltung gehört  (Foto: Bastique,  Wikimedia CC BY 2.0)
„Sobald es zum Siedlungsbau auf einem Gebiet kommt, das zur palästinensischen Autonomieverwaltung gehört, handelt es sich um eine Torpedierung des Prozesses.“

Zwar wählte Zaorálek beim offiziellen Auftritt mit Benjamin Netanjahu weniger scharfe Worte, inhaltlich transportierte er aber die gleiche Botschaft und verortete seine Nation klar in der EU.

„Die fortdauernde israelische Siedlungspolitik hinter der festgelegten Linie von 1967 – das ist eine Angelegenheit, die in der EU als ein Beispiel für unilaterale Schritte bewertet wird.“

Gemeinsame Verhandlungen sind laut Zaorálek die einzige Möglichkeit, um eine Zwei-Staaten-Lösung zu erreichen. Als Ort für eine solche Annäherung zwischen Israelis und Palästinensern brachte der Sozialdemokrat Prag ins Spiel. Netanjahu allerdings schob die Verantwortung für den Verhandlungsstillstand den Palästinensern zu.

Situation im Gaza-Streifen  (Foto: ČTK)
„Sie weigern sich zu verhandeln, und dann versuchen sie Boykotte gegen Israel zu erreichen, weil es keine Verhandlungen gibt – Verhandlungen, an deren Teilnahme sie sich verweigern.“

Von der Situation im Gaza-Streifen nach dem Krieg im vergangenen Sommer hatte sich Zaorálek bereits am Sonntag ein Bild gemacht. Wie sein deutscher Amtskollege Frank-Walter Steinmeier eine Woche zuvor hielt er sich mehrere Stunden in dem palästinensischen Autonomiegebiet am Mittelmeer auf. Lubomír Zaorálek:

Eine aus dem Gaza-Streifen abgefeuerte Rakete  (Foto: Merav Maroody,  CC BY 2.0)
„Ich bin froh, dass ich zum ersten Mal Gaza besuchen kann. Natürlich bin ich schockiert, wie viele Häuser und in welchem Umfang sie hier beschädigt sind. Am furchtbarsten war für mich die Zahl der Kinder, die an unterschiedlichen posttraumatischen Störungen leiden, die ihre Eltern verloren haben, und die schreckliche Dinge gesehen haben.“

Dass Zaorálek als erster tschechischer Politiker seit 15 Jahren den Gaza-Streifen besucht hat, auch das wird als Abkühlung der Beziehungen zu Israel bewertet. Der tschechische Außenminister sieht jedoch auch die Palästinenser in der Pflicht. Ehe es wieder zu Verhandlungen kommen könne, müssten die terroristischen Angriffe aufhören. Erst in der vergangenen Woche hatten militante Palästinenser Raketen aus dem Gaza-Streifen ins israelische Aschkelon abgefeuert und damit Ängste vor einer erneuten Eskalation entfacht. Israel reagierte mit Luftangriffen.