Krieg in Nahost: Israelische Studenten in Tschechien bekommen Einberufungsbefehle

Wegen des Krieges in Israel lässt die tschechische Regierung derzeit eigene Staatsbürger aus dem Land im Nahen Osten ausfliegen. In die entgegengesetzte Richtung brechen allerdings junge Israelis auf, die in Tschechien studieren, nun aber in ihrem Heimatland eingezogen werden.

Etwa 500 Israelis studieren an einer Hochschule in Tschechien. Mehr als die Hälfte von ihnen ist an der Karlsuniversität in Prag eingeschrieben. Die Medizinische Fakultät der Palacký-Universität in Olomouc / Olmütz hingegen zählt etwa 80 Studenten aus dem Land in Nahost. Fünf von ihnen hatten in den vergangenen Tagen schon einen Einberufungsbefehl im Briefkasten. Andere wiederum warten den Bescheid gar nicht erst ab und kehren aus eigener Initiative in ihre Heimat zurück, um dort gegen die radikale Palästinenserorganisation Hamas zu kämpfen. So äußerte etwa der 27-jährige Omer gegenüber Reportern des Tschechischen Rundfunks:

„Die Armee zieht gerade alle ein, die an der Front gebraucht werden. Ich warte aber nicht darauf und melde mich freiwillig. Ich will helfen, wo immer es nötig ist: direkt im Feld, im Krankenhaus oder auch bei der humanitären Unterstützung unschuldiger Menschen. Ich bin auf alles vorbereitet – auch darauf, zu kämpfen und mich zu opfern.“

Die Bewohner Israels würden in dieser schrecklichen Situation zusammenhalten, berichtet Omer weiter. Er selbst stammt aus der 100.000-Einwohner-Stadt Chadera. Aktuell versuchen Omer und seine Freunde, einen Flug zu organisieren…

Foto: Tsafrir Abayov,  ČTK/AP

„Wir bereiten unsere Abreise aus Olmütz vor. Aber wir sitzen in Tschechien fest, denn es gibt keine Flüge nach Israel. Deshalb halten wir Ausschau nach Hilfsflügen und hoffen auch, dass die Botschaft uns ermöglicht, nach Hause zu gelangen.“

Unterstützung bekommen die jungen Medizinstudenten jedenfalls schon von der Universitätsleitung. Milan Raška ist Prodekan für internationale Beziehungen:

„Wir haben zugesagt, dass wir flexibel sein werden und die Studenten weiter eingeschrieben bleiben, auch wenn sie nicht die ganze Zeit des Studiums in Olmütz sind. Normalerweise gibt es eine Anwesenheitspflicht für den praktischen Unterrichtsteil und die Seminare. Falls die israelischen Studenten für längere Zeit weg bleiben, haben wir eine individuelle Lösung verabredet. Dabei wollen wir versuchen, ihnen möglichst entgegenzukommen.“

Ähnliches haben andere Hochschulen angekündigt. Die tschechische Rektorenkonferenz veröffentlichte zudem eine Stellungnahme, in der es heißt, man sei schockiert über die terroristischen Anschläge und die Ausrufung des Kriegszustands in Israel. Zudem sprechen die Rektorinnen und Rektoren ihren Kollegen an den israelischen Hochschulen ihre Solidarität aus und bieten Hilfe an. Vor Ort in Tschechien besteht die Unterstützung derzeit aus psychologischer Beratung für die Auslandsstudenten. Dazu erläutert David Marx, Prodekan der Dritten medizinischen Fakultät der Prager Karlsuniversität:

„Jede und jeder von ihnen erlebt gerade eine sehr schwierige Situation. Von zu Hause bekommen sie Nachrichten, dass Angehörige getötet oder aber entführt wurden.“

Ähnlich wie aus Olmütz reisen israelische Studenten dieser Tage auch aus Prag in ihre Heimat ab. Marx informiert, wie es nach einer Beruhigung der Lage für sie in Tschechien weitergehen kann:

„Gerade passen wir ihr Lehrprogramm so an, dass sie ihr Studium nach ihrer Rückkehr individuell gestalten können. Denn sie sollen im Stoff nicht durch den Armeedienst zurückfallen. Außerdem besprechen wir mögliche Ermäßigungen bezüglich der Studiengebühren.“

Nach dem Großangriff der Hamas am Samstag hat die israelische Regierung den Kriegszustand ausgerufen und bombardiert seitdem den Gazastreifen. Laut Medienberichten starben bei den Überfällen der Hamas mehr als 1200 Menschen auf israelischem Gebiet. Etwa gleich viele Opfer werden bisher im Gazastreifen gezählt.

Autoren: Daniela Honigmann , Jana Beránková , František Zajíc | Quelle: Český rozhlas
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